J. P. Hebel und Basel
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J. P. Hebel und Basel
von
Fritz Liebrich
Basel 1926
Verlag Helbing & Lichtenhahn
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Auf den 100. Todestag J. P. Hebels
(22. September 1926)
herausgegeben im Auftrag der
Kommission zur Förderung des heimischen
Schrifttums
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Z'Basel an mym Rhy.
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In Johann Peter Hebels Dichtungen sich vertiefen, heißt
für den Basler eine Rückschau tun in die Zeit, da unsere
Stadt von Mauern und Gräben umgeben war, da sich das
Leben in engen, stillen Straßen abspielte und der Bürger den
Feierabend auf der hölzernen Bank vor dem Hause genießen
konnte. Es bedeutet auch einen Blick werfen über die engen,
abgezirkelten Grenzen in das Land vor den Mauern draußen,
wo die Natur noch das Recht hatte, farbige Sommervögel,
Vogelsang und Blumen zu vergeuden. Und obwohl der Dichter
kein Basler war, verspürt der Städter einen heimatlichen Hauch
und kann die Namen Hebel und Basel nicht voneinander trennen.
Im Wiesental, jenseits der Grenze, wuchs die Poesie des
alemannischen Sängers. Aber was bedeutet eine politische
Scheide? Von jeher wurde sie übersprungen, und ein eigenartiges
Spiel der Geschichte ließ immer das Leben von draußen
in die Stadt herein und von drinnen hinaus wogen im ausgleichenden
Wechsel. Schon die Namen der Ortschaften, die in
Hebels Leben eine Rolle spielen, zeugen davon. In Lörrach hatte
Alban seit 1103 den Pfarrsatz. Er war dem Kloster durch
den Bischof von Hasenburg zugesprochen worden, und das Pfarrhaus
in dem kleinen Städtchen zu unterhalten, war noch 1749
Pflicht des Stiftes. Hauingen gehörte ihm ebenfalls, und als
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dort 1767 die Kirche neu gebaut wurde, trug St. Alban ein
Drittel der Kosten "ratione des Chores", wie eine Gedenktafel
an der Kirchenmauer meldet, nachdem im Jahr vorher
die Baufälligkeit des Gotteshauses durch Schaffnerei und
Stadtingenieur war festgestellt worden. Schopfheims Kirchensatz
hatte Markgraf Wilhelm 1440 an St. Alban verkauft.
Dadurch war auch Hausen mit Basel verbunden; denn es war
bis 1740 Filiale von Schopfheim. In Weil endlich hatte das
Domkapitel zu Basel das Pfarrhaus zu bauen und bestimmte
1756 den ihm zugehörigen "Arlesheimerhof" in Weil zur Wohnung
des Geistlichen.
Auch das Leben von draußen wirkte in die Stadt hinein.
Bekannt sind ja die Festlichkeiten der Markgrafen bei den Einzügen
in ihren Palast an der Hebelstraße. Doch ganz unscheinbare
geschäftliche Beziehungen zeigen das Ineinandergreifen
der Interessen. So richtete z. B. der Bürger zu Basel Johann
Jakob Iselin, der Güterfuhrmann, an den "Durchlauchtigsten
Fürst und gnädigsten Fürst und Herr" von Baden ein Gesuch,
in dem er "unterthänigst"anfragte, "ob ihme gnädigst"gestattet
werde, eine Stallung zu 30 Stück Pferden "in dem Burgvogtey
Hof der Minderen Stadt erbauen zu dürfen." Und die an
sich gewiß unwichtige Tatsache, daß 1777 die Abrechnung von
Hebels Vormund aufführt "Vor ein Reißzeug zu Basel ausgelegt
3 Pfund 30 Batzen" und "vor Tuch zu einem Kleid nebst Futter
Tuch zu Basel bezahlt 10 Pfund 7 Batzen" verrät, daß Handel
und Wandel nach der Stadt hinstrebte. In die Hunderte und
Tausende gehen derartige Beziehungen.
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Tiefer waren geistige Einflüsse. Als 1689 die Franzosen
Durlach einäscherten, wurde das Baden-Durlachsche Archiv im
markgräfischen Hof zu Basel untergebracht. Verwalter desselben
war von 1703 an der Dichter Karl Friedrich Drollinger.
Wie aus der Grabrede hervorgeht, die ihm 1742 sein Freund,
der poeta laureatus Johann Jakob Spreng, hielt, hat dieser
Mann bestimmenden Einfluß auf die Stadt ausgeübt. Während
hier sonst die Fremden mit stolzen und scheelen Augen angesehen
wurden, genoß Drollinger größtes Ansehen. Jedermann wollte
ihn kennen, lesen und hören. Ganz Basel lernte durch ihn
Interesse für die Literatur empfinden. "Sogar bey den Frauenzimmern
begonnte man," sagt Spreng, "eine neue Lehrbegihrde
und einen neuen und bessern Geschmack wahrzunehmen." Vorher
mußte sich "dasselbige bald scheuen, belesen zu seyn und eine
Erkänntniß von bündigen Schriften zu haben". Unter den Männern
aber, die sich um Drollinger und Spreng sammelten, sind
solche mit gut baslerischen Namen wie Buxtorf, Stähelin, Christ,
Raillard, Burckhardt. Die damals entstandene Bewegung hatte
weitgehende Folgen für das städtische Geistesleben. Die "Basler
Deutsch Gesellschaft" wurde gegründet, Bruckners "Versuch einer
Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der
Landfest Basel" und Sprengs "Idioticon Rauracum oder
baselisches Wörterbuch" entstanden. Das Interesse für die Heimat
wurde geweckt, und die Stadt begann, sich nach einem
eigenen Dichter zu sehnen.
In solcher Weise wurden die politischen Grenzen unsichtbar
gemacht. Und als Hebel kam, war das Gefühl der Zusammengehörigkeit
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derart bei ihm mächtig, daß die Stadt ganz
selbstverständlich in seine Dichtung eng verflochten war. Gewiß
ist sein Basel nicht genau so, wie wir es sehen. Was wir bei
ihm finden, ist das Erlebnis der Stadt mit dichterischen Augen
geschaut. Wir dürfen dabei ruhig eingestehen, daß Hebel kein
Großer der Literatur ist. Um so näher aber steht er uns. Denn
er ist ein echter Dichter und lebt sich in unserer kleinen Welt
aus. Deshalb ist jedes Ding seines Daseins bedeutsam, der
Ausgangspunkt und das künstlerisch Erreichte erfüllen sich
in unserem Gesichtskreis. Und so mögen wir denn diesem
Dichterleben und Dichterwerk nachsinnen, wie es in unserer
Stadt seinen Anfang nimmt und von hier aus gesehen seinen
Weg geht.
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Wer in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den Blumenrain
zu Basel hinanstieg, dem stellte sich oben beim
Seidenhof massig und breit der St. Johannschwibbogen entgegen.
Es mochte sonderbar genug sein für den Wanderer, der von
der engen, finsteren Gasse her den Torbogen durchschritt, plötzlich
Licht um sich zu fühlen. Unmittelbar vor dem Turme
lag der Gottesacker der Predigerkirche hinter niederen Mauern.
Es verbreitete sich dort eine ernste Stimmung. Auf der Innenseite
der Friedhofmauern war der "Totentanz" gemalt, der
sich unauslöschlich dem Gemüt einprägte. In vielen Drucken
waren die Bilder verbreitet, kleine Plastiken wurden zum Kaufe
ausgeboten, und noch heute, da die Begräbnisstätte längst verschwunden
ist und die Bilder mit ihr, geistert der Tod von
Basel im Volksliede, und der Name "Totentanz" haftet dem
alten Platz unvergänglich an.
Zwischen dem Schwibbogen und dem weit draußen stehenden
St. Johanntor lag die St. Johannvorstadt. Es schien, als
wollte sich die Gräberstimmung gewaltsam in diesem Quartier
festhalten. Denn noch einmal war in der Vorstadt ein Gotteshaus,
die St. Johannsküche, im Basler Dialekt Sante Hans
genannt, beim Johanniterhaus, und wiederum lag dort ein
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Friedhof, der St. Johanngottesacker, der noch am Ende des neunzehnten
Jahrhunderts vorhanden war und wie eine Insel zwischen
zerfallenden Mauern unermüdlich Veilchen, Rosen und Zypressen
hegte. Wenige Schritte weit davon drängte sich die Straße
unter dem St. Johanntor hindurch und zog als Elsässerstraße
hinaus in den Sundgau. Ihr zur Seite standen, wie zufällig
da und dort hingestellt, die Gütlein der Basler Bürger. An
der Stelle des jetzigen Hauses Elsässerstraße 7 war ein Landhaus,
"der Brunnenbeyfang" genannt, das dem Major und späteren
Brigadier Johann Jakob Iselin gehörte. Innerhalb der
Mauern zwischen der St. Johannvorstadt und dem Petersplatz
breiteten sich wohlgepflegte Gärten aus. Dort zog sich auch am
markgräfischen Hof vorbei, der heute zum Bürgerspital gehört,
eine stille Straße, die Neue Vorstadt, bis zu den Mauern
an der Schanzenstraße. Jetzt heißt diese einstige Vorstadt Hebelstraße
. Beim Petersplatz aber erhob sich die Peterskirche mit
Kreuzgang und Grabstätten. Es ist der Stadtteil Basels, der
"alten Stadt am ältern Rhein", in dem Johann Peter Hebel
geboren wurde, und von dem er zweimal sagte, er wolle im
Alter dort wohnen.
Eng verwoben in dieses Stadtbild der Jugendzeit des Dichters
sind auch freundliche Menschen, vor allem die Familie des
Majors Iselin. Dieser stand von 1718 —1764 als Offizier
in französischen Diensten. In seinen Freisemestern suchte er
regelmäßig seine Vaterstadt auf und war 1748 Sechser
der Zunft zu Gartnern und Mitglied des Großen Rats.
Seine Frau, Susanna Ryhiner, lebte 1746 —1748 mit den
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beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, bei ihrem
Manne in Frankreich und wechselte verschiedene Male mit dem
Regiment die Garnison. Später hat sie immer in Basel gewohnt
und scheint mit ihren Dienstboten in gutem Einvernehmen gestanden
zu haben. Ihr Lehensmann z. B. auf dem schon genannten
Brunnenbeyfang, es war ein Jakob Blühler von Diegten,
sollte 1757 sein Schirmgeld bezahlen. Da sagte er, "er habe
keinen Burgen, er verstände nichts, was es sey, er wolle
der Frau Majoren reden." Für ihn war demnach die Frau
Majorin Ratgeberin und Beschützerin. Sie ist es wohl auch
in erster Linie gewesen, die den Hebelleuten die vielen Freundlichkeiten
erwies, welche der Dichter nie vergessen hat.
Major Iselin hatte einen Diener, der ihn auf allen Kriegszügen
begleitete und mit ihm jeweilen auch nach Basel kam.
Das war Johann Jakob Hebel aus dem damals kurpfälzischen,
jetzt preußischen Dorfe Simmern am Hunsrück. Als Andenken
an seine alte Heimat besaß dieser Herrendiener, wie er genannt
wurde, ein Rechenbuch. Mit sorgfältig ausgeführter Zierschrift
steht auf der ersten Seite: "Johann Jacob Hebell im alten
Simmern den 25ten Mertz im jahr Anno 1743." Da hat er
Gewinn- und Verlustrechnungen, geometrische Progressionen, seltsame
Rechenexempel eingetragen. Besonders wert war ihm ein
Gesangbuch, in das er auf der ersten Seite schrieb: "Dieses
Gesangbuch gehört mein. Johann Jacob Hebel. Basel. d. 4ten
May 1749." Aber das genügte noch nicht. Auf der zweiten
Seite vermerkte er mit roter Tinte und zierlichen Buchstaben:
"Dieses Gesangbuch ist mir von der frauen major Iselin von
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Basel verehret worden, und werde mich so offt ich darinnen lesen
werde, ihrer frey-gebigkeit erinnern und wird mir zum lebenslänglichen
angedenken dienen. geben in Basel im Anfang des
1747ten Jahres." Den Besitz solcher Andenken vergrößerte er,
als er mit seinem Herrn nach Korsika zog. Er kaufte sich dort
ein holländisches "Nieuw Verbetert Psalmen Gesang-Bok", in
dem er anmerkte: "Joh. Jacob Hebel gekauft in ajaccio auf
der Insel Corsica vor 10 Soldi macht 12 kr den 20 october
1758." Das wichtigste Eigentum aber war sein Notizbuch.
Außer seinen Einnahmen und Ausgaben schrieb er da hinein
alle Ortschaften, die er mit seinem Herrn besuchte. Ferner
legte er ein Verzeichnis an von "verses allemandes"über Liebeslust
und Liebesleid, dem er eine ähnliche Sammlung "vers
français" anreihte. Zur Ausschmückung verwendete er oft rote
und gelbe Tinte. Diesen Eintragungen ließ er eine sorgfältig
geschriebene Liste von Anfangszeilen mehrerer hundert deutscher
Volkslieder folgen, die er gehört und wohl auch selbst gesungen
hatte. Eine unterhaltsame Ergänzung fanden die Lieder
in Auszügen aus einem Briefsteller für Liebende. Daran
reihten sich Notizen aus der alten und neuen Geschichte unter
dem Titel "Histoires", sowie solche aus der Religions- und
Kirchengeschichte. Hiezu bemerke er an einer Stelle: "Dieses
ist aus den Historienbüchern gezogen worden in Basel 1749 im
August und 1763 den 30ten Juni und 1ten Juli hierin eingeschrieben
worden zu Valencienne." Der Diener besaß demnach
einen lebhaften Bildungstrieb und mag darin von seinem Herrn
angeregt und gefördert worden sein.
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Nun hatte aber die Frau Majorin eine Magd, Ursula Oertlin
aus Hausen im Wiesental, und die beiden Dienstboten konnten
sich wohl leiden. Als kleines Zeichen sandte Johann Jakob Hebel
1758 von Antibes aus "Vor die Ursula ein Kistchen mit coquilles".
Und als er ein Jahr später von Korsika nach Basel
reiste, schrieb er ihr unterwegs einen humorvollen Brief, in
dem er sich das Herz der Jungfrau als Meßkrom ausbat.
Dieses Herz erhielt er, und die beiden verheirateten sich. Doch
wurde die Trauung nicht in Basel vollzogen, vielmehr in Hauingen
im Wiesental. Das mag verschiedene Gründe haben.
Sie hätte vermutlich in Basel gar nicht stattfinden können,
denn Hebel war reformiert, seine Braut aber lutherisch. Leute
verschiedener Konfession durften in der Stadt nicht getraut werden.
Sagte doch die Basler Ehegerichtsordnung, daß man sich
"allein an solche Personen, die Unserer reformierten Confession
zugethan sind, verheirathen dürfe, anderst die, so hier wider
handeln... ihres Burgerrechtes verlustig geachtet werden sollen,
es wäre denn Sach, daß innert halben Jahresfrist nach
bezogener Ehe der eine Theil sich zu Unserer Confession verstehen
und noch vor bezogener Ehe dero öffentliche Bekanntniß zu thun
sich entschließen wurde". Es kam daher oft vor, daß Ehepaare,
denen dieser Artikel Schwierigkeiten machte, sich im Badischen,
namentlich in Weil, trauen ließen. Dort durften solche Ehen
geschlossen werden, wie später einmal der Dichter Hebel selbst
von Karlsruhe aus an seinen Freund, Pfarrer Tobias Günttert
in Weil, ausdrücklich schrieb: "Der Herr Geh. Rat Brauer sagt,
daß Sie, mein teuerster Herr Pfarrer und Freund, Herr in
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ihrer Kirche seien und drin kopulieren lassen können, wen Sie
wollen, ohne jemand zu fragen, wenn nur alles andere ordnungsmäßig
und sicher sei." Daß aber gerade Hauingen als
Ort der Trauung gewählt wurde, kann vielleicht seinen Grund
darin haben, daß Hauingen ein Bad besitzt, das die Basler oft
benützten und sich dort ländliche Vergnügungen machten. Frau
Major Iselin mag daher dort, so lautet eine alte Vermutung,
ihren Dienstleuten die Hochzeit gerichtet haben. Das Bad besaß
nämlich seit 1742 Tavernenrecht. Früher durfte kein Wein ausgeschenkt
werden, und das Gesuch um Wirtsrecht sagt, daß es
"in der Sommerszeit mehrenteils von denen Basler, welche die
Badkur gebrauchten und ihren eigenen Wein mitbringen, besucht
wird". Von da an brauchten also die Basler keinen Wein
mehr ins Bad mitzunehmen. Jedenfalls aber trug der Umstand
wesentlich zur Trauung in Hauingen bei, daß der frühere
Pfarrer von Hausen, Friesenegger, kurz vorher nach Hauingen
versetzt worden war. Frau Ursula mochte daher gewünscht haben,
von ihrem alten Seelsorger eingesegnet zu werden. Dies geschah
denn auch am 30. Juli 1759.
Die Hebelleute ließen sich nach ihrer Verheiratung in Hausen
nieder. Aber das Verhältnis zu Basel und der Familie Iselin
wurde dadurch nicht unterbrochen. Iselins wohnten im Sommer
auf dem Brunnenbeyfang, im Frühjahr kam Vater Hebel,
der in Hausen durch Weberei während des Winters sein Brot
verdiente, mit seiner Frau in die Stadt, um die alte Stelle als
Dienstboten wieder einzunehmen. Da geschah es im Frühjahr
1760 bei einem solchen Aufenthalt in Basel, daß Frau Ursula
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am 10. Mai ihr erstes Kind bekam, welches am 13. Mai
in der Peterskirche auf den Namen Johann Peter getauft
wurde.
Da dieses Kind später der berühmte Dichter Johann Peter
Hebel wurde, möchte man doch gerne wissen, in welchem Hause
es geboren wurde. Es gibt aber keine Chronik, die dies meldet.
Man dachte zuerst an das Haus des Majors Iselin, den
"Brunnenbeyfang". Verschiedene Gründe aber sprechen dagegen.
Da wurde 1860, am Tage nach dem Fest, das den 100. Geburtstag
Hebels verherrlichen sollte, die Tradition der Familie
Kraus bekannt, die besagte, der Großvater, Pfarrer Daniel
Kraus-Brothag, habe vom Dichter selbst erfahren, daß dieser
in der jetzigen Hebelstraße das Licht der Welt erblickt habe. An
das alte, heimelige Gartenhäuschen der Faeschischen Liegenschaft
gegenüber dem markgräfischen Palast wurde eine eherne Gedenktafel
angebracht. Sie befindet sich heute an dem unschönen Gebäude,
dem zuliebe das Hebelhause abgerissen wurde. Es wurden
zwar über die Richtigkeit der Tradition Zweifel geäußert, schon
darum, weil Iselin selbst nicht in dem Faeschischen Hause wohnte,
doch es blieb dabei, da es doch niemand besser wissen konnte.
Nun will aber das Geschick, daß sich in Karlsruhe ein bisher
ungedruckter Brief Hebels an Pfarrer Hitzig in Rötteln befindet,
in dem der Dichter sagt, er sei geboren "in der Santehans
ni fallor (wenn ich mich nicht irre) Nr. 14, das zweite Haus
vor dem Schwiebogen". An Gustave Fecht schreibt er auch
einmal: "Ich bin bekanntlich in Basel daheim, vor dem Santehansemer
Schwiebogen das zweite Haus." Ein andermal macht
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er Zukunftspläne für sein Alter. Er wolle im Winter in Basel
wohnen, an dem Sanhans [?], "damit ich immer hinüber
schauen könnte" [nach Weil, wo Gustave wohnte]. Hebel würde
sagen; "Nun soll der geneigte Leser herausfinden, wo das Geburtshaus
steht." Und der geneigte Leser würde nachsinnen:
In der St. Johannvorstadt — das zweite Haus vor dem
Schwibbogen —, Nr. 14 — von wo aus man nach Weil
sehen kann. Das paßt wirklich nicht auf die Hebelstraße. Das
Haus muß auf der Rheinseite der Vorstadt stehen. Sonst könnte
man nicht nach Weil sehen. Das stimmt insofern, als schon
Felix Platter, der Arzt, in seinem Verzeichnis der Häuser und
Bewohner der Johannvorstadt in den kleinen Gebäuden der
Rheinseite Rebleute, Fischer und Weber, also lauter einfache
Leute, aufführt. Aber in der Hausnummer hat sich Hebel geirrt.
Denn als er geboren wurde, gab es noch keine Hausnummern.
Die Numerierung wurde erst 1798 vorgenommen,
als der Dichter in Karlsruhe lebte und höchstens zu kurzen
Besuchen hieher kam. Damals begann die Häuserzählung
draußen beim St. Johanngtor. Nummer 14, heute 72, war
auf der Rheinseite das fünfte Haus, eine Scheune. Aber in
der gleichen Reihe das zweite Haus? Das könnte schließlich,
da man doch dort draußen zu zählen begann, auch das
zweite Haus vor dem Schwiebogen" sein. Aber dieses
Gebäude, heute Nummer 78, war auch eine Scheune. Also
wenden wir uns zum Schwibbogen und zählen von dort aus
das zweite Haus ab. Dieses erhielt 1798 die Nummer
St. Johannvorstadt 89, heute ist es Totentanz Nummer 2.
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Darauf passen, außer Nummer 14, alle Merkmale: Es ist
wörtlich "das zweite Haus vor dem Schwiebogen", es gehörte
zur Zeit Hebels zur St. Johannvorstadt, man hat von
dort aus eine prächtige Aussicht gegen Weil hin. Aber gibt
es denn irgendwelche Beziehungen des Dichters zu dieser
Liegenschaft? Ja, es gibt welche. Als der Knabe getauft wurde,
erhielt er zwei Paten. Der erste war Johann Peter Hebel aus
Simmern, ein Onkel, der dem Kind den Namen gab. Der
zweite Pate war ein Oheim mütterlicherseits, Georg Örtlin
von Hausen. Die beiden Götti konnten nicht zur Taufe
kommen und wurden vertreten durch Meister Nicolaus Riedmann,
den Schneider, und Meister Friedrich Ludin, den
Schuhmacher. Nicolaus Riedmann aber war Besitzer des
Hauses St. Johann 89, heute Totentanz 2. Es ist daher
sicher, daß die Hebelleute eben in diesem Haus eingemietet
waren, und daß der Hausmeister den Eltern zuliebe gerne
die Stellvertretung des ersten Paten übernahm. Das Geburtshaus
Hebels, das von ihm genannte "zweite Haus vor dem
Schwibbogen" ist also Totentanz 2. Von dort aus hatte der
Vater keinen weiten Weg zum Brunnenbeyfang, wenn er zur
Arbeit ging.
Nach der Geburt des Sohnes zog er wieder sein Notizbuch
hervor und notierte: Johann Peter bekam mit 22 Wochen den
ersten Zahn, mit 28 Wochen konnte er allein sitzen, mit dreiviertel
Jahren sogar allein stehen, er konnte "in der Meß 1760
schon pfeifen auf einer hölzernen Pfeifen". Es hätte wenig
gefehlt, so wären mehr Eintragungen dazu gekommen. Im Juni
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1761 nämlich bekamen die Hebelleute noch ein Mädchen. Sie
wohnten damals wahrscheinlich in Kleinbasel; denn das Kind
wurde in der St. Theodorskirche getauft, und da die Frau Majorin
Susanna Iselin-Ryhiner Patin war, erhielt das Kind den
Namen Susanna. Aber das Glück der Hebelfamilie kam nicht
ins Blühen. Der Vater wurde krank. Er zog mit Frau und
Kindern nach Hausen, lebte dort "etwa noch 8 Tag" und starb
am 25. Juli 1761 "seines Alters 41 Jahr". Kurze Zeit darauf
starb auch die kleine Susanna.
Die Witwe Hebel setzte den Aufenthaltswechsel zwischen
Hausen und Basel fort, und so kam es, daß die Stadt Einfluß
auf den Knaben ausübte. Er besuchte die Schule zu
St. Peter. 1772 war er Schüler der dritten Klasse des
Gymnasiums. Am 22. Juni desselben Jahres starb Major
Iselin und vermachte der Frau Hebel ein Legat, das in der
Vogtsrechnung von 1777 mit 103 Pfund 14 Batzen 2 Rappen
aufgeführt ist.
Der Vater schwand also aus dem Leben des Sohnes,
ohne daß er auf dessen Erziehung hätte einwirken können
Aber später, als Johann Peter Hebel in Karlsruhe lebte und
dort von der Heimat getrennt sein Land, seine Menschen und seine
Welt dichterisch wieder erstehen ließ, lebte auch sein Vater
wieder auf. In dem Gedicht "Der Bettler" läßt ihn der Sohn
verkleidet aus fremden Kriegsdiensten heimkehren und die Treue
seiner Geliebten prüfen. Mit falschem Bart und falschem Gewand
tritt da der fahrende Diener auf, mit odysseischer Verstellungskunst
Wahres mit Erdichtetem mischend erzählt er:
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J ha in schwarzer Wetternacht
vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,
i bi bim Paschal Paoli
uf Corsica Draguner gsi,
und gfochte hani, wie ne Ma
und Bluet an Gurt und Sebel gha
J bi vor menger Batterie,
i bi in zwanzig Schlachte gsi
und ha mit Treu und Tapferkeit
dur Schwerdt und Chugle 's Lebe treit...
Hesch öbben au e Schatz im Zelt?
mit Schwerdt und Roß im wite Feld?
Biwahr di Gott vor Weh und Leid,
und geb dim Schatz e sicher Gleit,
und bring der bald e gsunde Ma!
's goht ziemli scharf vor Mantua.
's cha sy, i chönnt der Meldig ge.
Was luegsch mi a und wisch wie Schnee
und seisch nit: "Henk di Bettelgwand,
di falsche graue Bart an d'Wand?"
Jetz bschau mi recht und chennsch mi no?
Geb Gott, i sey Gottwilche do!
Trefflich erfaßt der Dichter auch das Verhältnis seiner
Eltern zueinander, wie es sich durch die Gefahr der Kriegszüge
entwickeln und wie die Braut in Angst und Sorgen
um den Geliebten leben mußte. Denn das Mädchen ruft aus:
Herr Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do,
Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!
Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt
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uf duftige Matten, im schattige Wald.
Wohl het di bigleitet mi bchümmeret Herz
dur Schwerdter und Chugle mit Hoffnig und Schmerz,
und briegget und bettet. Gott het mer willfahrt,
und het mer mi Friedli und het mer en gspart.
Das Jugenderlebnis "Basel" aber prägt sich am schärfsten
aus, und zwar bis in die Einzelheiten treu erfaßt, im Lied "Erinnerung
an Basel", das Hebel der "Frau Meville" widmete.
Sie war die Frau des Seidenfärbers, St. Johannvorstadt letztes
Haus links beim Gottesacker — gegenüber konnte man an den
Rhein hinunter in das Entenloch, die Seide auszuschwenken.
Ihr Mann war Achilles Miville-Kolb, und die Frau wird geschildert
als eine ihres Geschlechtes seltene, kluge, schöne und
geschickte Frau.
Das Lied ist zum Volkslied geworden, doch in verkürzter
Form. Ungekürzt lautet es so:
Z 'Basel an mym Rhi
jo dört möchti sy!
Weiht nit d 'Luft so mild und lau
und der Himmel isch so blau
an mym liebe Rhi.
In der Münsterschuel,
uf mim herte Stuehl,
magi zwor jetz nüt meh ha,
d'Töpli stöhn mer nümme a
in der Basler Schuel.
Aber uf der Pfalz
alle Lüte gfallt's.
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O wie wechsle Berg und Tal,
Land und Wasser überal
vor der Basler Pfalz.
Uf der breite Bruck,
für si hi und zruck,
nei, was sieht ine Here stoh,
nei, was sieht ine Jumpfere goh
uf der Basler Bruck.
Eis isch nümme do;
wo isch's ane cho?
's Scholers Nase, weie weh!
Git der Bruck kei Schatte meh.
Wo bisch ane cho?
Wie ne freie Spatz
uffem Petersplatz
fliegi um, und 's wird mer wohl
wie im Buebekamisol
uffem Petersplatz.
Uf der grüene Schanz,
in der Sunne Glanz,
woni Sinn und Auge ha,
lacht's mi nit so lieblig a
bis go Sante Hans.
's Seilers Rädli springt;
los, der Vogel singt.
Summervögeli jung und froh
ziehn de blaue Blueme no,
alles singt und springt.
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Und e bravi Frau
wohnt dört ußen au.
"Gunnich Gott e frohe Muet.
Nehmich Gott in treui Huet,
liebi Basler Frau!"
Mit diesem Liede macht Hebel einen Gang durch seine
Basler Jugendzeit. Als erstes tritt die Münsterschule mit den
Töpli vor Augen. Das ist vielleicht kein Zufall. Hebel besuchte,
wie gesagt, im Sommersemester 1772 die dritte Klasse
des Gymnasiums unter dem Kandidaten Eucharius Müller.
Die Kollokationstabelle nennt ihn als den zwölften von fünfundzwanzig
Schülern. In derselben Liste findet sich als achter
ein J. Henr. Miville, Sohn des Seidenfärbers, und als fünfter
ein J, Jac. Miville, Sohn des Gerichtsbeisitzers. Da mag der
Name der Adressatin zuerst die Schule in Erinnerung gerufen
haben. Dem Schülerverzeichnis hängte der Lehrer eine allgemeine
lateinische Bemerkung an, nachdem schon die Tabelle Urteile wie
"negligens", "minus diligens" bei einzelnen mitbekommen hatte.
Diese Bemerkung lautet verdeutscht "Ich mag den Schülern,
ausgenommen sind diejenigen, welche oben der Nachlässigkeit
beschuldigt werden, das Lob des Fleißes nicht absprechen, obschon
es scheint, daß sie fast keine Fortschritte gemacht haben.
Ich kann sie auch nicht der Boshaftigkeit zeihen, obschon die
meisten nicht zu wissen scheinen, was Bescheidenheit ist und
was sich schickt. Gutgeartet sind ja die Buben, aber es ist
schon viel, sie auch an milderes Benehmen zu gewöhnen."
Von dieser Anmerkung bis zu Töpli ist nicht mehr sehr
weit, und der Dichter scheint solche reichlich mit ins Leben
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bekommen zu haben. Erzählt er doch auch von der Zeit, da
er neben der Schule in Hausen jeden Morgen noch die Lateinschule
in Schopfheim besuchte: "Wie man zum Kaffe Cichorie
tut, also kam es ihm [dem Peter] nicht darauf an, wenn er
vormittags die lateinischen Schläge eine Stunde weit heimgetragen
hatte, nachmittags je einmal auch noch ein paar deutsche
einzutun — aber niemals unverdiente." Es gehen viele Gerüchte
um über Knabenstreiche Hebels, bei dem die "Bosget" oft überkochte,
und es wird in Basel wohl nicht anders gewesen sein
als im Wiesental. Mit der "Bosget" nicht, und nicht mit den
Töplein. Denn wenn auch so ein Herr Kandidat im schwarzen,
gefältelten Pfarrtalar mit mächtiger, mühlsteinartiger Halskrause
ernst und würdig auf der Straße mochte ausgesehen haben,
war er in der Schule doch anders. Die ehrwürdigen Kleidungsstücke
wurden dort sofort mit dem bequemeren Nachtrock vertauscht,
und an Stelle der weißen Perücke trat eine Zipfelkappe.
Doch auch so machte der Schulherr Eindruck auf die Buben.
Denn hinten beim Bücherschaft waren die Haselstecken aufgestappelt;
an der Wand hing das Täfelchen mit dem Esel, das
den schlechten Lateinern um den Hals gehängt wurde (sie
mußten "den Esel hüten"); daneben baumelte ein Strick.
Der war für die Schüler, die Unfug trieben. Ihnen wurden
für zwei Stunden die Hände auf den Rücken gebunden. Ein
Glück war's nur, daß die Töplein und selbst die "Hosenknöpflein"
bloß schmerzhaft, aber nicht ehrenrührig waren, ein
weiteres Glück, daß die Buben den Humor dabei nicht verloren;
sie nannten einst mit guter Treffsicherheit einen Lehrer, der besonders
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viel "Tatzen"austeilte, den "Tacitus". Der "hert Stuehl"
jedoch ist die Bezeichnung für die langen, unbequemen Bänke,
welche von den Knaben gedrückt wurden und ihrerseits die Knaben
drückten. Es ist begreiflich, wenn Hebel erklärt, er wolle
nichts mehr damit zu tun haben. Vom harten Stuhl weg
schwärmt dafür die Erinnerung des Dichters hinaus auf die Pfalz.
Ob diese schon damals der beliebte Platz für Bubenkämpfe war,
geht aus dem Lied nicht hervor. Denn darin leuchtet nur das
Bild der herrlichen Landschaft, die sich vor den Augen ausbreitet.
Es ist nicht ein leeres Wort, wenn gesagt wird "alle
Lyte gfallt's" und wenn von "Land und Wasser" gesungen
wird. Allen Leuten war von jeher der Blick von der Pfalz aus
ein herrlicher Genuß. So schreibt der Sachse Küttner in seinen
"Briefen eines Sachsen aus der Schweiz 1785": "Die Pfalz
hinter der Hauptkirche ist ein Platz, den alle Reisenden besuchen.
Er ist mit wilden Kastanienbäumen besetzt, deren dichte
Gipfel kühlen Schatten geben. Längs der Mauer gegen den Rhein
hin ist eine lange Bank, auf der ich manchmal sitze, wenn die
Abendsonne die Gipfel des Schwarzwaldes vergoldet. Rechts
und links ist ein Teil der großen Stadt im schönsten Amphitheater
sichtbar. Da sehe ich, wie der schönste der Flüsse seine
grünen Wellen hinabwälzt, höre das Getümmel auf der halb
steinernen, halb hölzernen Brücke und überschaue alle die mannigfachen
Figuren, die ohne Unterlaß sich darauf bewegen." Durch
diese Worte wird bereits klar, weshalb die nächste Strophe des
Liedes von der Rheinbrücke singt. Wer diese vom Großbasel
her betreten wollte, kam durch die Eisengasse. Diese war zur
liebrich hebel in basel-029. |
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Zeit Hebels an sich schon schmal und dunkel, noch mehr wurde
sie verfinstert durch das klotzige Rheintor, dessen Bogen man
durchschritt, um dann unmittelbar auf die Brücke zu gelangen.
Die finstere Gasse und die helle Brücke waren wohl schärfste
Gegensätze. Deshalb war die Brücke der Inbegriff eines Ortes
voll Licht und Luft. Für den Basler war sie eine Promenade,
wo man nach Schluß der Außentore noch plaudernd hin und her
gehen und sich vollkommen im Freien fühlen konnte. Küttner erzählt
davon: "Da diese Brücke sehr breit ist, so ist sie abends
nach neun Uhr eine Art Spaziergang, wo ich manchmal über
hundert Menschen gesehen habe. Es sind herrliche Augenblicke,
die man auf der Rheinbrücke im Mondenschein verbringen kann.
In der Mitte sind auf beiden Seiten Auswürfe, in die man sich
setzen kann, ohne von den Gehenden beschwert zu werden. Vor
etlichen Tagen saß ich ganz allein bis spät in die Nacht und
konnte mich nicht satt sehen an den Türmen und seltsamen
Formen alter Häuser im Mondenschein, oder wie sein sanftes
Bild auf der unsteten Welle dahinglitzerte."
Vor dem Rheintor, auf der rechten Seite der Brücke, standen
kleine Buden, etwa wie Meßhäuslein. In einer derselben
arbeitete der Buchbinder Scholer, dessen riesige Nase allgemein
bestaunt wurde und vom Maler Feyerabend in einer Karikatur
verewigt worden ist. Hebels Lied besingt sie, und die Strophe
hatte für den Dichter noch eine ganz besondere Bedeutung. Nicht
nur Feyerabend hat diese Nase im Bilde festgehalten, sondern
Hebel selber. In der Zeit, da er als junger Präzeptoratsvikar
in Lörrach mit seinen Freunden den Bund der Proteuser gegründet
liebrich hebel in basel-030. |
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hatte und mit ihnen in proteusischen Geheimnissen
schwärmte, da hat er auch einen "Almanach des Proteus"
geschrieben und darin in lustigem Ulk die "Proteologen" besprochen.
Da taucht als Sohn des Diogenes Cynicus der
Cyniculus Basiliensis in tonna quadrata auf und ist in einem
Scherenschnitt verewigt: Das ist der Buchbinder Scholer, der
bei den Proteusern eine nicht unwichtige Rolle spielte. Hebel
sagt 1802 in einem Brief an Pfarrer Hitzig, damals in
Rötteln, genannt Zenoides, er gedenke ins Oberland zu
reisen (von Karlsruhe her), "dann nach Basel zu wallen, um
mir als Reliquie einen Span von der äußersten Hülle des
Cyniculuz herab zu schneiden". Die äußerste Hülle ist die hölzerne
Bude. Im Kalendarium des Almanachs ist der 28. Oktober
als Cyniculustag und als Beginn der Messe angegeben.
An diesem "Cynikelstag" aber, heißt es, "wallfahrtet man nach
Basel und wartet dem Cyniculus auf, doch wird nur die
Schwelle der Tonne betreten". Übrigens nennt Hebel in "Ekstase",
einem proteusischen Gedicht an Hitzig, den Namen Scholers
selber. Da ziehen alle Proteologen auf,
der ewige Jude mit hohler
gefurchter Wange, der Scholer,
und andere. Hebel mag daher bei dieser Strophe in Erinnerung
an den fröhlichen Jugendunsinn besonders geschmunzelt haben.
Von der Rheinbrücke weg fliegen seine Gedanken nach
jener Gegend der Stadt, mit der er durch seine Geburt verknüpft
war. Auf dem Petersplatz fühlte er sich wieder im "Buebe-Kamisol".
Über diesen Platz rasselten so wenig wie heute Fuhrwerke.
liebrich hebel in basel-031. |
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Beim Stachelschützenhaus schloß die Stadtmauer den
Hintergrund, der Petersgraben war noch ein richtiger Stadtgraben,
ein Brücklein überspannte ihn bei der Peterskirche,
gerade da, wo jetzt das Hebeldenkmal steht. Eine Basler Familenüberlieferung
besagt, Hanspeter habe häufig im kinderreichen
Pfarrhaus St. Peter verkehrt. Da mag er denn mit den Pfarrkindern
an freien Nachmittagen oder nach Schulschluß im
"Buebekamisol" ausgezogen sein auf den großen, grünen Platz,
auf dem sich Alt und Jung von jeher wohl fühlen konnte.
Die Jugend "flog umher", die Alten ruhten auf den hölzernen
Bänken. Ging man vom Petersplatz aus der Innenseite der
Stadtmauer entlang, wo jetzt die Universitätsbibliothek steht, so
kam man beim heutigen Bernoullianum auf die "grüne Schanze".
Von dort aus schaute man in die schönen Gärten der Neuen
Vorstadt (Hebelstraße). Man sah außerhalb der Stadtmauer, wo
sich heute Mittlere Straße und Klingelberg hinziehen, Rebberge,
Rebhäuslein, Wege, die zwischen Schlehen und Weißdorn
liefen. Man erblickte über das jetzige Schellenmätteli hin
den Turm von Santehans und konnte dort das Haus der
Frau Miville, der "lieben Basler Frau", ahnen, vielleicht sogar
sehen. Im Stadtgraben bei der grünen Schanze aber hatte ein
Seiler seine Bahn eingerichtet, dort springt "'s Seilers Rädli".
Die Schönheit der Aussicht von den Schanzen und Wällen aus
begeisterte auch Küttner. "Das Schönste, was ich daran finde,
ist, daß man fast rings herum auf den Wällen spazieren gehen
kann, und daß man da eine viele Meilen weite Aussicht hat,
die unbeschreiblich ist." Daß vor den Mauern alles singt und
liebrich hebel in basel-032. |
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springt, bestätigt er ebenfalls. Er beschreibt eine Stelle irgendwo
bei St. Margarethen: "Da liege ich im Grase und träume. . .
Der Bach murmelt, die Obstbäume auf der Wiese ertönen vom
Gesang der Vögel, und im Grase um mich her rührt sich eine
halb unsichtbare Welt. Auf der einen Seite sehe ich einen Teil
der Stadt, deren Wälle und Türme mit dem hohen, hervorragenden
Münster einen romantischen Anblick geben."
Wir sehen, wie treu Hebels Erinnerungsbild ist. Er kennt
sein Basel und teilt einmal seiner Freundin Gustave Fecht mit
(Brief vom 16. Mai 1812): "Vor einigen Tagen lernte ich
den H. Graveur Hueber von Basel hier kennen. So einer
kommt mir recht. Er mußte durch alle Gassen und Gäßlein von
Basel mit mir schlüpfen. Am Ende gestand er mir, daß ich
Basel besser kenne als er." Denn so wie bei Hebel die Hausen-Schopfheimer
Mundart neben andern Einflüssen durch den
Basler Dialekt modifiziert worden ist, so ist auch ein Bruchteil
seines Inneren eng mit Basel verknüpft gewesen. Und nicht
vergebens erwachte in ihm mit dem Alter der Wunsch, "heim"
zu kommen und da den Rest seiner Tage zu verbringen. Unter
diesem "heim"kommen meinte Hebel aber nach Basel kommen.
So ist auch die Einleitung zur "Erinnerung an Basel"nicht eine
Schmeichelei an die Adresse der Frau Miville, das "jo dört
möchti si" ist vielmehr, wie alles in diesem Gedicht, Wirklichkeit.
Und wenn es nach Wunsch gegangen wäre, so hätte
sich das Leben dieses Mannes zum Kreis geschlossen: Ausgang
von Basel und nach langen Jahren Rückkehr zur Geburtsstätte.
Aber es ist anders gekommen.
liebrich hebel in basel-034. |
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Der alemannische Pegasus.
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Die Mutter wachte über die Kindheit Hebels, und in ihrem
Kreise lebte sich die erste naive Kinderphantasie aus: das
Spiel mit den Schmetterlingspuppen, die der Kleine begrub, um
ihren Ostertag zu erleben, das Spiel, bei dem er sich aus Stühlen
und Bänken eine Kirche herrichtete und als Pfarrer predigte.
Mit der Mutter mag er den Mann im Mond entdeckt, zum
erstenmal dem Spätzlein Brosamen hingestreut haben. Deshalb
konnte Hebel von ihr später in ungetrübter Zuneigung
reden. "Der Segen ihrer Frömmigkeit hat mich nie verlassen.
Sie hat mich beten gelehrt, an Gott glauben, an seine Allgegenwart
denken. Die Liebe vieler Menschen, die an ihrem Grabe
weinten und in der Ferne sie ehrten, ist mein bestes Erbteil
geworden, und ich bin wohl dabei gefahren." Mit der Mutter
zog er jeweilen nach Basel verbrachte so die "Hälfte
der Kindheit bald in einem einsamen Dorfe, bald in den
vornehmen Häusern einer berühmten Stadt". "Da habe ich
frühe gelernt arm sein und reich sein. Wiewohl ich bin nie
reich gewesen, ich habe gelernt nichts haben und alles haben, mit
den Fröhlichen froh sein und mit den Weinenden traurig."
"Wenn ich mit meiner Mutter nach Schopfheim, Lörrach oder
Basel ging, und es kam ein Schreiber an uns vorüber, so mahnte
sie. "Peter, zieh's Chäppli ab, 's chunnt e Her." Wenn uns
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aber der Herr Landvogt oder der Herr Hofrat begegnete, so
rief sie mir zu, ehe wir ihnen auf zwanzig Schritte näher
kamen: "Peter, blib doch sto, zieh gschwind di Chäppli ab,
der Her Landvogt chunnt."
Als er diesem Kreise langsam entwuchs, wachte die Bubenschalkheit
auf. Der Bammert und die Obstbäume lernten ihn
kennen. Da hat er, "wenn's noch so dunkel war, den Weg
doch gefunden auf die Zwetschgenbäume im Pfarrgarten zu
Schopfen und Äpfel und Nüsse eingetragen auf den Winter".
Schließlich riß ihn die Notwendigkeit einer gründlichen Schulung
von der Mutter weg, er wohnte vom zwölften Jahre an
in Schopfheim. Von dort wurde er im Oktober 1773 nach Basel
gerufen, weil die Mutter im Iselinschen Hause schwer
erkrankt war. Sie wünschte heimzukehren. Ein Bürger von
Hausen fuhr mit dem Wagen in die Stadt, um sie abzuholen,
Aber das Schicksal des Vaters wiederholte sich: die Fahrt
nach Hausen wurde zur Todesfahrt. Zwischen Lörrach und
Steinen, unterhalb des Rötteler Schlosses, ist die Kranke gestorben.
Das war am 16. Oktober "abends um 4 Uhr ohngefehr".
Ein Bote wurde nach Basel gesandt, um dort den
Tod zu melden.
Nun trat der Begriff "Fremde" ins Leben des Dreizehnjährigen.
Alle Fahrhabe der Eltern wurde versteigert, Gönner
übernahmen die Führung, vor allem Hofdiakonus August Gottlieb
Preuschen. Er war 1765-69 Pfarrer in Hausen und Lehrer
in Schopfheim gewesen und hatte damals die Begabung des
Knaben erkannt. Gewiß war er einer von denen, "die in der
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Ferne die Mutter ehrten". Zur Zeit ihres Todes lebte er in
Karlsruhe.
Rasch wurde die Schule in Schopfheim beendigt. Dann
nahm Preuschen Hebel zu sich nach Karlsruhe. Dort wurde
das Gymnasium illustre mit gutem Erfolg in vierjährigem
Kurse durchlaufen. Nur einmal, so wird erzählt, hätte beinahe
ein törichter Streich, den Hanspeter einem Mitschüler spielte,
das gute Einvernehmen mit dem Pflegevater gestört. Doch
ging dies gnädig vorüber, und nach Absolvierung des Gymnasiums
bezog der junge Mann die Universität Erlangen und
bestand 1780 die theologische Prüfung. "Es ist ein sehr angenehmes,
verlassenes Gärtchen im Hardwald, eine Viertelstunde
von hier [Karlsruhe], mein ehemaliger Lieblingsort, wo
ich die letzten Träume meiner Kindheit verträumt, so manches
Vogelnest gewußt, so manche Erdbeere gepflückt und späterhin
so manches Buch gelesen habe und noch 1780, als ich von Erlangen
zurückkam, mich größtenteils aufs Examen vorbereitet
habe." Das ist das Nachwort zum ersten Schritt in die Welt.
Er endigte damit, daß Hebel nach Hertingen zu Pfarrer
Schlotterbeck kam und dort Pfarrkinder und einige Bauernjungen
unterrichtete. Als er 1782 ordiniert wurde, half er
in der Gemeinde als Vikar aus. Damals begann er, von
seiner Heimat Besitz zu nehmen. Die Namen, denen er später
Bedeutung gab, wurden mit seinem Leben verknüpft: Kandern,
Schliengen, Bürgeln, Müllheim waren nicht weit. Der Blauen
ragte in den Alltag hinein, Belchen und Feldberg enthüllten ihm
ihre Geheimnisse, die sie vorher noch unentdeckt gehütet hatten.
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Als Hebel 1783 Präzeptoratsvikar in Lörrach wurde, befreundete
er sich rasch mit dem damaligen Prorektor des Gymnasiums,
dem spätern Pfarrer in Weil, Tobias Günttert und
namentlich mit dem nachmaligen Pfarrer von Rötteln, Friedrich
Wilhelm Hitzig. Die Freunde schlossen einen Geheimbund,
und das Wiesental, das ohnehin von der Sonne hell erleuchtete
und von der Natur verschwenderisch begabte, fing
an, eigenartigen Glanz zu verschenken. Der Belchen wurde heiliger
Sitz der erhabenen Gottheit Proteus. Auf dem Feldberg
trieb sein Gegner, der böse Dengelegeist, sein Wesen. Eine eigene
Sprache und ein eigener Kalender wurde geschaffen. In den
Geheimsitzungen war Hitzig Oberpriester mit dem Namen
Zenoides, Günttert der Vogt, Hebel, genannt Parmenides,
war Stabhalter und ein Ungenannter der Bammert. Auf dem
Tüllinger Hügel und in Rötteln waren Altäre des Proteus.
Lörrach wurde zu "Proteopolis". Basel war mit eingeschlossen
in dieses geheimnisvolle Treiben; der schon genannte Almanach
des Proteus erwähnt außer dem Cyniculus Basiliensis auch
die Zeit, wann die Post mit Briefen von Basel her anlangen
und wann sie zurückgehen soll. Und Hebel spricht davon, daß er
in der Stadt mit Hitzig "so manches proteusische Stündlein" verbracht
habe. Die Heimat wurde voll von Mären, Geistern und
Geheimnissen. So wurde sie erlebt und beseelt. Noch im späten
Alter schrieb Hitzig an einen Freund, der den Feldberg als Hebelsches
Heiligtum besuchen wollte und vom schlechten Wetter verhindert
wurde: "Solange Sie bei uns waren, hatte der Dengelegeist,
der auf dem Feldberg haust, keine Gewalt über uns. Des
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Wiesentals liebliche Sonne durfte freundlich in unsern Kreis
blicken. Aber, ich dachte es gleich, sobald Sie der Dengelegeist vom
Feldberg herab in seiner Nähe witterte, daß es nicht ohne Spuk
abgehen dürfte. Hat dieser Gesell doch auch einst Freund Hebel
und mich auf vielfache Weise geneckt, uns manchen Stein in
den Weg geworfen und mit seinem nassen und rauhen Atem
angehaucht, als wir den Taufschein der Wiese in seinem Kirchspiel
verlangten." Und Hebel selbst erzählt vom Dengelegeist:
"Er erscheint mir bald als russischer General, als Fliegenschwarm,
als Regimentstambour, der mich fast zu Tode trommelt,
und wieder als Trägheit, Zaghaftigkeit usw." Wir Außenstehende
mögen über die Proteuserei lächeln, wir sehen ja nur
oberflächlich einige ulkige, kindische Äußerungen. In diesem Treiben
aber entwickelte sich bei Hebel die innere Einstellung zur
Heimat. Denn es war Trunkenheit einer naiven, frischen Kraft,
eine frühe Blüte, die freilich erst reifen konnte, nachdem der
dichterische Genius sie besucht hatte. Da mag der Philister den
Kopf schütteln über Verrücktheiten, weil sich seine Einstellung
zum Leben in bedeutend gewöhnlicheren Formen vollzieht. Doch
damals begann der alemannische Pegasus seinen Flug. Hebels
Auge sättigte sich vorerst an der Natur der Heimat. Seine
Streifzüge gingen auch über Basel in die Schweiz hinein. Er
wanderte von Lörrach über den Hauenstein nach Solothurn,
Bern bis nach Lausanne, ein andermal den Rhein hinauf über
Schaffhausen nach Konstanz. Dann wiederum führten ihn Ausflüge
nach Arlesheim, ins Münstertal, durch Baselland nach
Rheinfelden. Jedesmal besuchte er in Basel das Grab der Frau
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Major Iselin. Alle diese Reisen trug er, dem Beispiel seines
Erzeugers folgend, in das ererbte väterliche Notizbuch ein.
Zur Heimat gehört aber auch die menschliche Sprache, und
auf sie achtete Hebel als Ausdruck der Seele. Er bat seine
Freunde in Straßburg: "Für Ihre Kinder will ich eine Fürbitte
einlegen. Lehren Sie sie zuerst die angeborene Muttersprache und
am liebsten im häuslichen heimischen Dialekt sprechen, mit der
fremden ist's noch lange Zeit. Mit dem Sprechen empfangen
wir in der zarten Kindheit die erste Anregung und Richtung
der menschlichen Gefühle in uns und das erste verständige Anschauen
der Dinge außer uns, was den Charakter auf immer
bestimmen hilft, und es ist nicht gleichgültig, in welcher Sprache
es geschieht. Der Charakter jedes Volkes, wie gediegen und
kernig, oder wie abgeschliffen er sein mag, und sein Geist wie
ruhig und wie windig er sei, drückt sich lebendig in seiner Sprache
aus, die sich nach ihm gebildet hat, und teilt sich unfehlbar in
ihr mit." Und in der "Epistel" wehrte er sich gegen die Einführung
schriftdeutscher Ausdrücke in die Mundart wie Mutter,
statt Muetter und Müetterli, Pate statt Götti usw.:
's het mi kei Mutter gebohre und keini christlige Pathe
hen mi an Taufstei treit. In mine dämmrige Tage
het mi kei Brei erquickt. In d'Kirche bini nit gange
bis ins fufzeht Jahr. Mi Müetterli het mi gebohre,
d 'Götti hen ins ghebt, und Peter het mi der Her tauft,
Pappe hani gschleckt und mit em sturzene Löffel
het mer d'Muetter ußem Pfännli d'Schareten uschratzt:
"Se Hans Peterli iß!" In alli Chilche vo Basel
und im Wiesethal vo Rieche ane bis Schönau
liebrich hebel in basel-041. |
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bini gwandlet us und i, au mengmol ins Wirtshus
mit mim Vogtma. Tröst en Gott im ewige Lebe.
Was wohl will fangt zitli a ...
Das Herumstreifen in der Natur, zu schauen und in sich
aufzunehmen, war sein innerster Trieb. "Es ist gar herrlich,
so ein Vagabundisches ins Leben zu mischen. Es ist wie der
Fluß im Tal. Man fühlt, daß man ein freier Mensch ist,
wenn man wie der Spatz alle Abend auf einem andern Ast
sitzt." "Sie werden [im Oberland] nicht leicht über ein Brücklein
fahren, auf dem ich nicht schon gesessen bin und etwas
Dummes gedacht habe." "Zwischen Zell und St. Blasien dürfen
Sie wohl bisweilen an mich denken. Es kennen mich dort alle
Buchen und Bächlein, auch etliche Wirtshäuser." Er lebte mit
der Natur, er wuchs mit ihr, sein Innerstes hob sich mit ihr:
"Meine heilige Zeit, mein schöner großer Feiertag, wo ich näher
als sonst bei Gott bin, dauert von Ostern bis Pfingsten." "Ich
zähle wie die Kinder. In wenig Wochen legen schon die Hühner,
in wenig Wochen später kommen schon die Maßliebchen und
die Storken, hernach Mittefasten und Veilchen genug." Das
ist das innere Leben, das sich damals zu Lörrach in der Proteuserei
entwickelte.
Auch das Erleben der Frauenliebe trat zu jener Zeit in seine
Kreise ein. Als Günttert Pfarrer in Weil wurde, lernte Hebel
dort Gustave Fecht kennen, die schöne Schwägerin des Pfarrers.
Es beginnen sich die Fäden eines tieferen Verständnisses zwischen
den beiden zu knüpfen. Ein reizvoller Briefwechsel läßt sie bis
ins hohe Alter nicht abreißen. Darin zeigt sich liebevolle Anteilnahme
liebrich hebel in basel-042. |
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Hebels an allen täglichen Ereignissen, neckischer Humor
und herzliche Zuneigung. Aber Hitzig charakterisiert den Dichter:
"Manche seiner früheren und späteren Verhältnisse pflegte
er beinahe vor sich selbst wie ein Geheimnis zu decken und zu
bewahren." Und so hat sich Hebel auch nie über seine Stellung
zu Gustave Fecht ausgesprochen. Die Bekanntschaft endigt nicht
mit einer Heirat, wiewohl Hebel durchaus kein Weiberfeind war.
Er äußerte sich Haufe gegenüber: "Wenn wenigstens ich eine
Frau hätte, so sollte mein erstes und zuträglichstes sein, mich
unter ihre weise Vormundschaft und Leitung zu begeben und
die Leute dazu lachen lassen." An Frau Weiler in Straßburg
schrieb er: "Ich bin heute katholisch, meine Freundin, und halte
einen Feyertag, nemlich einen Liebfrauentag... Ich schreibe
heute lauter Liebfrauenbriefe an Sie, an Mad. Schneegans, an
Mad. Haufe. Wie alles Ding in der Welt zwey Seiten hat;
entweder eine rechte oder eine linke, eine gute oder eine schlimme,
also hat auch der ledige Stand das Schöne, daß man ungeniert
und mit unbeschwertem Gewissen allen guten Frauen bis ins
Herz hinein und ganz vorzüglich gut seyn kann. Im Ehestand
muß doch ex officio jeder seine eigene Frau für die beste halten
und alle und noch so gute um etwas weniger lieben als die
Beste." Und wiederum: "Da gibt sich der Stoff zum Schreiben
von selbst, wenn man an liebe Frauen schreibt, wie wirklich
der Fall ist. Man kann mit ihnen ab einer kleinen Kunkel
einen langen, feinen Faden spinnen. Männer unter sich müssen
schon viel Werg aufzustecken haben, weil sie untereinander nur
Bindfaden trillen."
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Trotz alledem hat sich Hebel nie verheiratet. Die Wege
eines Menschen, der im Vorstadium dichterischen Schaffens
lebt, wie Hebel in Hertingen und Lörrach, laufen oft anders
als die anderer. Die äußere Stellung schon hätte gar nicht
erlaubt, Gustave heimzuführen. Hebels Freunde waren versorgt,
er war verlassen, "gleich einem Baum oben auf einem
Berge und einem Panier oben auf einem Hügel". Da riß ihn
die Berufung als Subdiakonus am Karlsruher Gymnasium
1791 aus seiner idyllischen Welt fort. Das war entscheidend,
für immer war er von der Heimat getrennt. Obwohl er sich
in Karlsruhe mit den Jahren sehr wohl fühlte, neue Freunde
gewann und in seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe
stieg, ein kleiner Stich blieb immer: Er war nicht daheim.
Die wenigen kurzen Besuche im Wiesental waren nur
notwendige Erholungskuren. "Ich muß," ruft er 1805 aus,
"ich muß ins Oberland reisen, ich muß aus der Wiese trinken
und die Geister im Röttler Schloß besuchen, wenn ich nicht
in kurzer Zeit zu dem gemeinsten, geistlosesten Hardtbewohner
ermatten soll."
Die Fremde ist um ihn und zieht ihn mehr und mehr in
ihren Bann. Immer hofft er vergebens, im Oberland eine Pfarrei
zu erhalten. Da baut seine Sehnsucht die Heimat neu auf.
Aber das ist die Heimat, wie sie in der Seele lebt, und wenn
sie heraustritt, wird sie verklärt sein durch dichterisches Schauen
und durchglüht von einer großen Liebe. Arbeit über Arbeit
häuft der Beruf auf Hebel, stärker und unaufhaltsamer wächst
das Gegengewicht des inneren Lebens. Bis es hervorbricht:
liebrich hebel in basel-044. |
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Der Geist, "ein heiliger Geist" schwebt stille über ihm. Er
schreibt um 1801 herum seine alemannischen Gedichte.
Der "Winkel des Rheines zwischen dem Fricktal und dem
ehemaligen Sundgau" ersteht darin. Die Landschaft, die Menschen,
die Verhältnisse, ihr Denken und Fühlen, die Sprache,
alles ist in wunderbarer Vollständigkeit dichterisch verwirklicht.
Als großer Hintergrund, als Höhepunkt, zu dem man aufschaut,
mit dem man seine bescheidenen Umstände vergleicht,
erhebt sich darin die "berühmte Stadt" Basel. Kein politischer
Begriff haftet an ihr, sie ist einfach "die Stadt", zu
der sich Handel und Wandel hin- und zurückzieht. Im "Statthalter
von Schopfheim" heißt es ganz selbsverständlich:
's chönnt d'Faktorene sy, sie isch die Nemtig go Basel
Von Vrenelis Vater wird ebendort erzählt:
. . . bis no Micheli si Vater
z'Basel uffem Chorn-Mert goht und unter e Rad chunnt.
Schopfe het er nümme gseh, sie hen en z'Elsbethe
ohni Gsang in d'Erde gleit, wie's z'Basel der Bruuch isch.
Was nicht gerade der Krämer im Laden verkauft, holt
man in der Stadt, wie in der "Häfnet Jungfrau"berichtet wird:
Bald het eine go Basel müessen oder witers
Salbe hole, das und dies zum Waschen und Strehle.
Auch in dem Gedicht "Der Viertelsvogt" ist der Gang
nach der Stadt etwas Gegebenes:
liebrich hebel in basel-045. |
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Sust hani wie ne Burgersma
mi Laubi und mi Lusti gha
und bi mit Holz und anvere Ware
go Basel und ins Rebland gfahre.
Jetz isch's vorbei, sell isch für d'Chnecht,
die Lumpekerli, ehe recht.
Der Viertelsvogt den Gaul besteigt
und drauf hinein nach Basel reit.
Die Tochter des Feldbergs, die Wiese, strebt selber Basel
zu, dort will sie ihren Bräutigam finden, obschon auch im
Wiesental Gelegenheit zu Stelldichein und Hochzeit gewesen
ware:
Jetz am Hörnli aben in schöne, breite Reviere
Basel zue. Dört wird der Hochizt-Zedel gschribe.
Gell, i weiß es! Bisch imstand und läugnisch, was wohr isch!
Hätti z'rothe gha, 's wär z'Wil e schicklige Platz gsi:
's het scho menge Briggem si gattig Brütli go Wil gführt,
us em Züribiet, vo Liestel aben und Basel
und isch jez si Ma, und 's chocht em d'Suppen und pflegt em
ohni Widerred vo mine gnädige Here.
Aber di Vertraue stoht zum Chlei-Hüniger Pfarer.
Wie de meinsch, so göhn mer denn dur d'Riechemer Matte!
Lueg, isch sel nit d'Chlübi, und chunnt er nit dert abe?
Jo er isch's, er isch's, i hör's am freudige Brusche!
Jo er isch's, er isch's, mit sine blauen Auge,
mit de Schwizerhose und mit der sammete Chretze,
mit de christalene Chnöpfen am perlefarbige Brusttuch,
mit der breite Brust und mit de chräftige Stotze,
's Gotthards große Bueb, doch wie ne Rotsher vo Basel
stolz in sine Schritten und schön in sine Giberde.
liebrich hebel in basel-046. |
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Die Charakterisierung der Basler Ratsherren als stolze
Leute mit schönen Gebärden zeigt, wie der Städter in den
Augen der Hebelschen Menschen in der Glorie eines Höherstehenden
wandelt. Schon da, wo die Wiese von Thumringen
nach Lörrach kommt, heißt es:
Siehsch das ordelig Städtli mit sine Fenster und Gieble,
und die Basler Here dört uf de staubige Stroße,
wie sie riten und fahre?
Im "Geisterbesuch auf dem Feldberg" ist der junge Basler
Herr sich dessen wohl bewußt, er pocht sogar auf seine vornehme
Verwandtschaft, um auf die "Todtnauer Chnaben" Eindruck
zu machen. Das ist schon deshalb nötig, weil Hebels
satirischer Blick natürlich die städtische Ungeschicklichkeit im Umgang
mit Bauern sieht; umgekehrt zeigt sich der Wiesentäler
in der Stadt unbeholfen: er gerät auf dem Kornmarkt unter
einen Wagen.
Der Basler im "Geisterbesuch" also stellt sich vor:
"Hani gmeint, der Dengelegeist, ihr Chnabe vo Todtnau,
seig e böse Geist, jez wüßt i andere Bricht z'ge.
Us der Stadt, das bini, und will's au redli bikenne.
Mengem Chaufher verwandt "vo sibe Suppe ne Tünkli".
So wie der Städter als Bild des reichen Mannes dasteht,
so ist der Gegensatz Land — Stadt, der von Stille und
Straßengetümmel. Der Basler trumpft wieder damit auf, da,
wo er vom Dengeln und Mähen redet, und zeichnet zugleich
ein hübsches Bild des Stadtlebens:
liebrich hebel in basel-047. |
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D'Stadtlüt wisse nüt vo dem; mer rechne und schribe,
zähle Geld; sel chönne mer, und messen und wäge,
laden uf und laden ab, und essen und trinke.
Was me bruucht ins Muul, in Chuchi, Cheller und Chammer
strömt zu alle Thoren i, in Zeinen und Chretze,
's lauft in alle Gasse, es rüeft an allen Ecken:
"Chromet Chirsi, chromet Anke, chromet Andivi!
Chromet Zibele, geli Rüebe, Peterliwurze!
Schwebelhölzli, Schwebelhölzli, Bodekolrabe!
Paraplü, wer koof? Reckholderbeeri und Chümmi!
Alles für baar Geld und alles für Zucker und Kaffe...
Selbst dem Engel gegenüber bleibt der Basler Jüngling
der vornehme Herr, indem er ihn herablassend einlädt. Und
wiederum lächelt der Humor Hebels dabei
. . . Her Engel!
Bhüt di Gott der Her, und zürn nüt! Wenn de in d'Stadt
chunnsch
in der heilige Zit, se bsuech mi, 's soll mer en Ehr sy.
's stöhn der Rosinli z'Dienst und Hypokras, wenn er di animmt.
D'Sterneluft isch rau, absunderlig nebe der Birsig.
Wer sich noch an den offenen Lauf des Birsigs an der
heutigen Falknerstraße erinnert, wird bei den letzten Worten
die treffende Satire erkennen und zugeben, daß sie aus guter
Basler Schule stammen könnte.
Wenn aber Hebel den Reichtum der Stadt derart unterstreicht,
so muß in der Gedankenwelt der alemannischen Gedichte
an irgend einem Punkt die Auseinandersetzung mit
dem sozialen Unterschied kommen. Der Dichter sucht sie nicht,
liebrich hebel in basel-048. |
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sie stellt sich ihm entgegen. Und so geschieht es, daß "die Marktweiber
in der Stadt" den Baslern ernstlich den Text lesen,
"zu ernstlich" sogar, wie Goethe beim Besprechen der Gedichte
in der "Jenaer allgemeinen Literaturzeitung" meinte.
Aber seltsam: Die Stadt fühlt den Stich gar nicht, der den
Dichterfürsten so schmerzte, daß er von Hebel eine Umarbeitung
des Stoffes verlangte. Der Basler sieht die heimatlichen Bilder,
die vor ihm ausgebreitet sind. Da ist der hoheitsvolle
Ratsherr, der wie gewöhnliche Sterbliche Mühen und Not und
allerlei schwere Gedanken hat, da ist die Tafel der Vornehmen
voll von "Pastetli, Strübli, Fleisch und Fisch, Törtli und
Makrone". Es stolzieren durch die Straßen die lustigen Herren,
"wedeln" die kostbaren Junten, während doch das
"Kreuz durane" ist. Und nach den Herzen der Städter ist es,
daß sich am Sonntag die Tore weit öffnen, damit sich jeder
im "Adler" und im "Schwanen" frischen Mut hole und selber
sehe, wie es "z 'send ane glitzeret", daß man meint, der liebe
Gott wolle selber kommen und von St. Chrischona her in das
liebliche, festtägliche Tal herniedersteigen. Das Leben in der
herrlichen Natur trägt auch in den Augen des Bürgers den
Sieg davon über das Dasein, das rechnet und schreibt, Geld
zählt und dabei nie das Morgenrot sieht. Was der Dichter
dem Basler mit seinen "Marktweibern" geschenkt hat, überwiegt
weit das Schmollen über die ungerechte Verteilung des
irdischen Besitzes. Der, welcher scheinbar "den Text liest", ist
ja Hebel, der selber von sich aussagte: "Ich kann mir sogar
in meiner Armut darin gefallen, daß ich nichts niet- und
liebrich hebel in basel-048a. |
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liebrich hebel in basel-049. |
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nagelfestes auf der Erde habe, nur ein Hintersaß, oder wie
wir's jetzt nennen, Schutzbürger auf ihr bin und fast einem
Vöglein gleiche, das sich jeden Abend auf einen andern Ast
setzt." Es ist Hebel, der sich in allen Dingen auf die Vorsehung
verließ, "die immer gut leitet, wenn ihr nicht die Begierde das
Konzept verrückt". Er bleibt nicht stehen bei den irdischen Mühsalen.
Seine Marktweiber halten daran fest, daß es nicht auf
die äußeren Umstände, sondern auf das innere Leben ankommt.
Gott hat im Himmel "Kronen", die allein erstrebenswert sind.
Das weiß auch Hebels "Stadt". Und darum hat sie gerade
die "Marktweiber" besonders lieb gewonnen. Wo Kinder im
Familienkreis ländliche Szenen aufführen, bei denen es festlich
zugehen soll, ziehen sie dieses Gedicht allen vor. So lebt
überall, bei hoch und niedrig, wo der Geist Hebels sein gutes
Licht ausbreitet.
Die Ungerechtigkeit irdischen Glückes wird ausgeglichen durch
das Wirken einer höheren Macht in dem gewaltigen Sang von
der "Vergänglichkeit".
Basel, das Wahrzeichen der Größe und Herrlichkeit, ist
verflochten in das letzte Weltgeschehen.
Isch Basel nit e schöni, tolli Stadt?
's sind Hüser drin, 's isch mengi Chilche nit
so groß, und Chilche, 's sin in mengem Dorf
nit so viel Hüser. 's isch e Volchspiel, 's wohnt
e Richtum drin, und menge brave Her,
und menge, woni gchennt ha, lit scho lang
im Chrützgang hinterm Münsterplatz und schloft.
's isch eithue, Chind, es schlacht emol e Stund,
liebrich hebel in basel-050. |
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goht Basel au ins Grab und streckt no do
und dört e Glied zum Boden us, e Joch,
en alte Thurn, e Giebelwand; es wachst
do Holder druf, do Büechli, Tanne dört,
und Moos und Farn, und Reiger sitze druf. —
's isch schad derfür. — Und sin bis dörthi d 'Lüt
so närsch wie jez, se göhn au Gspenster um.
d'Frau Faste, 's isch mer jez, sie fang scho a —
me seit's emol — der Lippi Läppeli,
und was weiß i, wer meh. Was stoßisch mi?
Der Bueb seit:
Schwetz lisli, Ätti, bis mer über d 'Bruck
do sin, und do an Berg und Wald verbey!
Dört obe jagt e wilde Jäger, weisch?
Und lueg, do niden in de Hürste seig
gwiß 's Eiermeidli glege, halber ful,
's isch Johr und Tag. Hörsch, wie der Laubi schnuft?
Der Ätti seit:
Er het der Pfnüsel! Seig doch nit so närsch!
Hüst Laubi, Merz! — und loß die Todte go,
's sind Nare-Posse. — Je, was hani gseit?
Vo Basel, aß es au emol verfallt —
Und goht in langer Zit e Wanders-Ma
ne halbi Stund, e Stund wit dra verbey,
se luegt er dure, lit ke Nebel druf,
und seit sim Kamerad, wo mittem goht:
"Lueg, dört isch Basel gstande! Selle Thurn
isch d'Peterschilche gsi, 's isch schad derfürl"
In diesem Gedicht ist Basel nicht nur höchster Maßstab
irdischen Daseins, in hübscher Widerspiegelung des Heimatlandes
erscheint es wiederum im Jenseits:
liebrich hebel in basel-051. |
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's isch jede Stern verglichlige ne Dorf,
und witer oben isch e schöni Stadt.
Das ist für den Menschen, der von Dorf zu Dorf nach
der Stadt fährt, eine faßbare Vorstellung. Allein das äußere
Leben spielt hier keine Rolle mehr. Wie eine Ergänzung zu
den "Marktweibern" spinnt sich der Gedanke weiter. Auf das
innere Leben kommt es an:
haltsch di guet,
se chunnsch in so ne Stern..."
Zu diesem Ziele führt Hebels Gedankenwelt über Basel,
wo Isaak Iselin lebte und lehrte: "Die edelste Beschäftigung
des Menschen ist der Feldbau. Dieser ist die demselben von
Gott bestimmte Arbeit", wo Iselin dem jungen Peter Ochs
zurief: "Faites-vous agriculteur!" Dieser echte Städter
suchte nach dem Leben, das dem kultivierten Bürger die Natur
und den einfachen Stand des Naturlebens nahe bringe und ihn
dadurch noch mehr veredle. So ahnte er ein Leben der Reinheit
und war der Sucher. Dieses Dasein in Einfachheit ist bei Hebel
Wirklichkeit und durch dichterisches Schauen verklärt worden.Die Bilder baslerischer Heimat werden uns noch näher
gebracht durch die Vorliebe des Dichters, da und dort bekannte
Gestalten einzuflechten. Wie er den Buchbinder Scholer im
Lied aufnahm, ist schon erwähnt worden. Eine andere Basler
Persönlichkeit nennt er im "Geisterbesuch". Die erste Fassung
läßt den jungen Basler anstatt er sei "mengem Chaufherr verwandt"
viel deutlicher sagen "mit em Ritter verwandt". Dieser
Mann war der Kaufherr Lucas Ritter, wegen seiner Vorliebe
liebrich hebel in basel-052. |
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für das Schießwesen "Pulverrauch" genannt. Auch das Eiermeitli
in der "Vergänglichkeit" ist eine durchaus bekannte Person
gewesen. Sein Name allerdings wurde vergessen. Es war
aus Wisleth gebürtig, und da es sehr arm war, mußte es mit
Eierverkaufen in Basel sein Brot verdienen. Als steinaltes Weiblein
kam es eines Tages von der Stadt her, setzte sich bei der
Brombacher Brücke nieder und starb. Niemand bemerkte sein
Ausbleiben, bis man es schließlich "halber ful" im Gebüsch
aufgefunden hat. Selbst das Gespenst "Frau Faste" gehört
unserer Heimat an. Es ging im Wiesental um. In Hausen warf
es an der Fastnacht den faulen Spinnerinnen Kunkeln zum Abspinnen
in die Stuben; es ist aber auch in der Schweiz bekannt
Als "Fronfastenwibli" spukte es im Kanton Bern, und wehe
der Hausfrau, die an den Fronfasten Hauswäsche hielt. Das
Wibli duldete keine derartige Arbeit an den ihm gewidmeten
Tagen.
Eine wunderbare Gestalt aber aus den Jugendjahren steht
Hebel unverrückt vor Augen. Es ist die Mutter. In Predigt
und Briefen redete er von ihr, in Träumen, über die er zeitsweise
Buch führte, erschien sie ihm, und als er in späteren
Jahren Prälat wurde, entfuhr ihm der Ausruf: "Was würde
meine Mutter sagen!" Als "die Mutter" steht sie in den
alemannischen Gedichten. Sie ist die lebenstüchtige Frau,
die im "Habermues", im "Mann im Mond", im "Spätzli im
Winter" mit weiser Kunst den Knaben lenkt und erzieht. Sie
ist, ohne auf Dank zu rechnen, das Christkind, das in der Nacht
dem schlafenden Buben den Weihnachtsbaum rüstet, wohl wissend,
liebrich hebel in basel-053. |
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daß zur Süßigkeit auch die Rute gehört. Doch ihr sanfter
Sinn mildert das Harte, sie bindet "roti Bändeli'' darum. Es
ist, als habe der Dichter alle Liebe in den Namen "Mutter"
gelegt. Sie ist der Engel, der für das Kind lebt, und die
schönste Aufgabe behält ihr Hebel vor: Sie stirbt den Ihrigen
voran und richtet auf einem schönen Stern die neue Heimat
für sie ein. Und wenn der Sohn sich gut hält, so kommt er
"uf so ne Stern" und findet "dört d'Muetter". So groß ist
die mütterliche Fürsorge, daß sie selbst am jüngsten Tag ihre
Lieben weckt. Wenn der Glast dieser letzten Zeit bis in die
tiefen Gräber dringt, heißt im "Wächter in der Mitternacht
wacht sie zuerst auf und ruft den Kindern "'s isch Tag".
Das ist die Frau, die starken Geistes den Kampf mit dem
Leben aufgenommen hat und jährlich von Hausen nach Basel
gewandert ist mit ihrem Knaben, die zustande gebracht hat,
daß ihre Herrschaft, Hofdiakonus Preuschen und andere Menschen
einer einfachen Dienstmagd über den Tod hinaus aufrichtige
Hochachtung zollten, welche auch dem Sohn zugute kam. So
ist es gar nicht verwunderlich, daß in verschiedenen Basler
Familien noch heute die Tradition lebt, die Urgroßeltern hätten
mit den Hebelleuten verkehrt. Und das will viel heißen. Denn
dieser Verkehr kam nicht erst durch die Berühmtheit des Sohnes
in Gang.
Ungemein stark verrät sich in den Gedichten der Eindruck
der Basler Totentanzbilder. Der Tod, welcher Kaiser und Bettler
unvorbereitet anfaßt, steht den Hebelschen Menschen immer vor
Augen. Bedeutungsvoll ist es, daß sich die "Vergänglichkeit"
liebrich hebel in basel-054. |
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dort abspielt, wo die Mutter auf der letzten Fahrt nach Hausen
gestorben ist, wo auch der Todesgang des Vaters vorbeiführte,
nämlich unterhalb des Röttler Schlosses. Da steht der Tod
mitten in nächtlicher Landschaft:
Stoht's denn nit dört, so schuderig, wie der Tod
im Basler Todtetanz ?
Selbst in einem Brief erscheint dieser Tanz. Hebel weiß
die Adresse seiner Freunde nicht und so ist er "übler dran,
als der Blinde im Basler Totentanz, dem das Hündlein abgeschnitten
ist". Auf dem angedeuteten Bilde nämlich wird
der Blinde von einem Hündlein geführt. Zwischen ihm und
seinem Herrn klafft das Grab. Da erscheint der Tod, zerschneidet
die Schnur, und der arme Mensch muß mit dem
nächsten Schritt in die Grube fallen. Und wiederum beim
Aufenthalt in Baden-Baden kommt Hebel bei der Mittagstafel
plötzlich der Tod vor Augen. Da "hab ich mir vorgestellt,
ein krankes Mädchen an der Tafel, das nicht aß, nicht
trank, nicht redete, nur theilnehmungslos herumschaute, sey
der Tod, der mit uns zu Mittag esse, und ich habe viel Phantasien
aus ihr heraus und an sie gesponnen".
Ist es daher nicht selbstverständlich, daß der "Chilchhof" als
Ende jedes Lebensweges in den alemannischen Gedichten immer
wieder genannt wird? Da belehrt der Vater den Sohn in der
"Vergänglichkeit":
Und woni gang, go Gresgen oder Wies,
in Feld und Wald, go Basel oder heim,
's isch einerley, i gang im Chilchhof zue.
liebrich hebel in basel-055. |
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Der "Wegweiser" fragt auch:
Wo mag der Weg zuem Chilchhof sy?
Und die Antwort lautet:
Was frogsch no lang? Gang, wo de witt!
Immer wieder in "Agatha", im "Geisterbesuch" überall
selbst in dem satirischen "Auf den Tod eines Zechers" erscheint
der Hinweis auf den Gottesacker. Und doch ist der Kirchhof
nur eine Station auf der Reise in die Ewigkeit. Es gibt keine
Trennung der Welten. In faßlicher Form hat Hebel dies
dargestellt in einer Epistel an seine Oberländer Freunde. Er
bemerkte dazu: "Der Pfarrer Greiner z 'Basel chönnt's gseit
ha, der Spezial z'Augge [Hitzig] chönnt's o gseit ha." Es
heißt: "Der Himmel sey frili wit obe, aber wie länger aß
me leb, se chömmer allewil nöcher abe, wemme gottesfürchtig
glebt heig; und er leng eim z'letzt bis an Chopf abe und
wemme recht treu seig und Gott und d'Mensche lieb heig: so
chömmer no witer abe, und me seig mit dem Gsicht und mit
dem Herze scho völlig im Himmel drin, wemme mit de Fieß
dur d'Neßle watt und in Dörn und Glasscherbe tret uf Erde.
Und e fromme Mensch heig guet in Himmel cho, wenn er sterb;
d'Seel darf numme gar use schlüpfe us Fleisch und Bluet, so
seyg si scho im Himmel. Und d'Hell seyg frili mit deniede, aber
wie länger aß me lasterhaftig leb, wie witer chömm si eim uffe
bis an d'Füeß; me gang wie uf Chole, und si chömm eim bis
übers Herz uffe; und menge eß no Brotis mit em Mul, während
aß ems Herz scho unter siedige Wässer stand; und wenn
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e gottlose Mensch sterb, hätt er au kei Müeih in d'Hell z'cho,
er dörf numme gar abe dunke..."
Auch der "Wächter in der Mitternacht" spricht es aus,
daß die Heimat nicht weit sei, "e Stündli öbben oder nit
emol". Bei oberflächlicher Betrachtung müßte der Gedanke
an den Tod wie ein Albdruck auf den Menschen liegen. Doch
der "Wächter" weiß das besser. Mögen die Totentanzbilder
Schrecken in ihrer Art verbreiten, die Umsetzung in die Hebelsche
Welt wirkt beruhigend. Die Toten "schlofe wohl! Gott
gunnene's". Das Jenseits wird zur wahren Heimat, in welcher
die Menschen in ihrem irdischen Kreise leben:
Öbbe fahrsch
au d'Milchstroß uf in die verborgeni Stadt,
und wenn de sitwärts abe luegsch, was siehsch?
Die ganze Erde ist ein Röttlerschloß, eine Ruine und nur
die Erinnerung bleibt:
dört hani au scho glebt
und Stiere gwettet, Holz go Basel gfüehrt...
und möcht jez nümme hi.
Dem Basler Tod aber, der mitleidlos durchs Leben tanzt,
setzt Hebel die lieblichen Gestalten der Engel entgegen, die
tröstend und helfend im menschlichen Dasein wirken. Das städtische
Sonntagskind im "Geisterbesuch auf dem Feldberg" kann
sie sehen und belauschen, dem Knaben im Erdbeerschlag erscheint
das Engelwunder. Auf dem Felde wandeln diese guten Geister
zwischen den Furchen auf und ab und arbeiten. Denn alles
Gute und Liebliche gedeiht unter ihren Händen. Selbst dem
liebrich hebel in basel-057. |
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sterbenden Kinde zu Todtnau neigen sie den Todeskelch, damit
sein Leiden schneller vergehe. Denn das ist das Eigenartige bei
Hebel, daß sein Geist alles verklärt und alles Harte mildert,
nicht nur in seinen Gedichten, sondern auch in seinen oft prosaischen
Lebensumständen. Da hat für ihn auch der jüngste Tag
keinen Schrecken, und er liebt es, ihn auszudenken. "Ich glaube,
daß am jüngsten Tag die Morgenröte lauter Blitz sein und
der Donner Schlag auf Schlag die Morgenwache antrommeln
werde. Wie es dann an ein Betglockenläuten gehen wird von
Hauingen an um den Berg herum bis nach Efringen hinab!
Wie die Leute sich die Augen reiben werden, daß es schon tagt!
Wie es an ein Schneiden und Garbenbinden gehen wird, denn
man will behaupten, daß der jüngste Tag in die Erntezeit fallen
werde! Und wie die Leute sich wundern werden, daß es nimmer
Nacht werden will! Das alles könnte ich von dort oben herab
[vom Tüllinger Hügel] ansehen und nach Weil herabschauen
und denken: nun werden sie da unten auch aus den Federn sein
und in ihrem Stark oder Schmolk den Morgensegen am jüngsten
Tag aufsuchen. Und wer weiß, was ich täte, ob ich nicht in der
blitzigen Morgendämmerung durch die Reben hinab stolperte
und Ihnen zusammen Ihre schweren Garben binden hülfe.
Denn mein eigenes bischen Halmen, Gott erbarm's, würde
alle Wege bald unter Dach sein."
Das schrieb er an Gustave Fecht, und weil in seiner Gedankenwelt
alles in der Heimat sich abwickelt, alles zur Heimat
wird, hat auch das Wort des Wächters um Mitternacht
beruhigende Wirkung und tiefere Bedeutung:
liebrich hebel in basel-058. |
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Und us der Heimet chunnt e Schi,
's mueß lieblig in der Heimet sy!
Ein rascher, kurzer Aufflug des alemannischen Pegasus ist
es gewesen, und als die Heimat dichterisch in der Welt stand,
hat er sich niedergesetzt.
Im Februar 1801 berichtet Hebel an Zenoides. "Meine
Liebhaberei in den Nebenstunden zur Schadloshaltung für Ungenuß
mancher Geschäftskunden hat sich in ein eigenes Fach
geworfen. Ich studiere unsere oberländische Sprache grammatikalisch,
ich versificiere sie herculeum opus! in allen metris,
ich suche in dieser zerfallenden Ruine der altdeutschen
Ursprache noch die Spuren des Umrisses und Gefüges auf
und denke bald eine kleine Sammlung solcher Gedichte mit
einer kleinen Grammatik und einem auf die Derivation weisenden
Register der Idiotismen in die Welt fliegen zu lassen."
Der Dengelegeist gab ihm zu schaffen, wie er im April
1801 schreibt: "Der Dengelegeist geratet ins Stocken. Ich mag
aus Liebe zur Gegend, die mir durch das Andenken an unsere
Wallfahrt und durch die Quelle der Wiese fast heilig ist,
keinen bösen und schauerlichen Geist aus ihm machen, und
meine plumpe Phantasie bietet mir trotz aller Folter keine
liebliche Idee zur Einkleidung. Um nicht ganz genarrt zu haben,
theile ich dir die Einleitung, so weit ich kann, hier mit. [Es liegt
die Einleitung zum "Dengelegeist" bei] . . . Aber vielleicht leiht
mir deine reichere Phantasie noch einen glücklichen Einfall."
Im Juni 1801 kann er melden: "Ich bin fleißig an den
alemannischen Liedern und werde bald ein Schifflein voll auf
liebrich hebel in basel-059. |
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die hohe See schicken. Ist dir denn noch keine Idee zur Fortsetzung
des Dengelegeistes, den du doch wirst bekommen haben,
durch die Seele gegangen? Um ihn nicht ganz zu verlieren,
hab ich ihn einstweilen einem langen Gedicht an die Wiese
vorgewebt. [Es folgt der Anfang der Wiese.] Aber am
11. Februar 1802 muß er schon bekennen: "Der alemannische
Pegasus will nimmer fliegen, er prätendiert, er sey nicht schuldig,
so etwas zu thun bei der unterländischen Stallfütterung, wenn
er nicht droben an den sonnigen Hügeln weiden dürfe. Aber
es ist nur eine Ausrede, das Vieh ist unzufriedener mit der
Tränke als mit dem Futter. Indessen hat's doch noch einen
kleinen Zuwachs gegeben — Freude mit gutem Gewissen —
das Habermus — der Storch — Sonntagsfrühe. Das Idiotikon,
300 Artikel stark, ist fertig."
Damit sind die alemannischen Gedichte in der Hauptsache
abgeschlossen, obschon immer wieder da und dort ein neues entstand
So erfährt Hitzig 1803: "Ich habe unterdessen ein
einziges neues Liedlein gemacht "Der Abendstern"... Ich getraue
mir kein zweites Bändlein zustande zu bringen. Der erste
heilige Anflug des Genius ist schnell an mir vorüber gegangen."
Ähnlich äußert er sich im März 1804 Gustave Fecht gegenüber:
"Ich habe nach und nach ein zweites Bändchen der A. G.
zusammenstoppeln wollen. Aber dieser heilige Geist, der mich
damals umschwebte, will nimmer über mich kommen und jetzt
kommt der unglückselige Katechismus" [den Hebel zu bearbeiten
hatte]. Dies kennzeichnet deutlich die Lage des Dichters. Die
äußere Arbeit des Berufes überschwemmt das für den Augenblick
liebrich hebel in basel-060. |
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gesättigte Innenleben, und dieses bleibt in der Hauptsache
unterdrückt. Er wagte zeitweise gar nicht mehr an eine Fortsetzung
zu denken, wie er es 1805 seinem Freunde Nüßlin
gegenüber klar ausspricht: "Wo hätte ich träumen können, daß
die anspruchslosen alemannischen Gedichte, die nun bald die
dritte Auflage erleben, solche Aufmerksamkeit der Gebildeten
und selbst den Beifall von Männern wie Jacobi, Jean Paul
und Voß erhalten würden... Aber lieber Freund, dieser Beifall
hat mich zur Fortsetzung nicht aufgemuntert, sondern verzagt
gemacht. Ich mag ihn nicht selber wieder wegsingen. Der
Geist, der damals so stille über mir schwebte, ist beschrien und,
ich fürchte, verschwunden. Es ist ein heiliger Geist von eigener
Laune, der mit keinen Christ- noch Pfingstglocken herbeizuläuten
ist, wenn er nicht selber kommen will, wiewohl ich ihm Dank
sagen muß, daß er sich auch schon manchmal durch Glockengeläute
hat wecken lassen."
Nachdem so die dichterische Arbeit abgeschlossen war, kam
die minder heilige, die geschäftliche. Hebel suchte für sein
"Wälderbüblein", wie er die Gedichte nannte, einen Verleger,
und er muß das Gefühl gehabt haben, daß ein Büchlein, das
derart lokalisiert schien, auch innerhalb des von ihm besungenen
Landes verlegt werden sollte. An eine große Verbreitung dachte
er nicht. Er wunderte sich vielmehr oft darüber, daß ihn seine
Gedichte in aller Welt bekannt gemacht hätten. Seine Freunde
übernahmen es, in Basel einen Verlag zu suchen. Hitzig verhandelte
mit dem Buchhändler Samuel Flick, Günttert mit dem
Drucker Haas. Da aber Haas "überall nur druckt", blieb Flick
liebrich hebel in basel-061. |
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übrig, und es ist äußerst belustigend zu sehen, wie sich in den
Briefen an Zenoides die Verhandlungen wiederspiegeln. "Hast du
dem Flick den Angel noch nicht vorgeworfen?"fragt der Dichter
am 11. Februar 1802. Hitzig aber warf den Angel vor; denn
im nächsten, undatierten Brief schreibt Hebel: "Ich danke dir
für die vorläufige Verwendung bei Flick... und meinst du wir
wollen eine Subscr[iption] eröffnen? und magst du gern eintragen
helfen, ein fleißiges Immlein?" Um die Osterzeit 1802
wird sodann der Angriff auf Flick vorbereitet. "Ich rathe dir
daher," schreibt Hebel, "in der Osterwoche post actos labores
dir eine kleine Zerstreuung zu machen und an einem lieblichen
Tage einen kleinen Gang nach Basel zu thun, nämlich ohnehin,
nicht mir zu lieb. Und dann bitte ich dich aber recht
schön und kosig, ja koseselig, daß du es noch einmal versuchen
wollest, dem Felicek [Flick proteusisch] einen Strick um den
Hals zu werfen..." Hitzig möge dem Buchhändler die Papiere
vorlegen, die schon Günttert bei Haas benützt habe. "Man
seye alsdann so gut und stelle dem Buchhändler die Lockfalle.
D. h. du übergibst ihm denselben Bogen und beobachtest
ihn, während er liest, besonders die Bewegung der Muskeln
um Mund und Nase. Bezeugt er Lust zur Sache, so gibst du
ihm die Proben... Dann kommt's auf die Hauptsache an,
nämlich darauf, was Flick biete mit, was ohne Subscription,
und wie teuer er das Buch verkaufen wolle."
"Bietet er in einem oder andern Falle weniger als
1 Louisd. auf den Bogen, so brichst du ab und sagst ihm, daß
ich's eher umsonst werde drucken lassen, aber nicht bei ihm,
liebrich hebel in basel-062. |
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denn ich sey gar nicht aufs Geld erpicht, und arbeite bloß
aus Liebhaberei. Bietet er aber 1 Louisd. oder drüber so viel
er will, so sagst du ihm, daß ich's, so wie du mich kennest,
schwerlich drum tun werde, denn ich sey verteufelt interessiert,
und ich will es, wenn du gerne magst, ohne es dir gerade zuzumuthen,
deinem eigenen Augenmees überlassen, ihm ein höheres
Gebot nach der Stimmung, die du an ihm bemerkst, zu proponieren.
Kann nach diesen Präliminarien etwas aus der Sache
werden, so werde ich mich über das weitere selbst mit ihm in
Korresp. setzen... Sey so gut, mein Bester, und nimm dich
der armen Närrlein in Freundschaft und Liebe an."
Flick ging bei der Besprechung mit Hitzig auf die Sache
ein und hat sich mit Hebel selbst in Verbindung gesetzt; doch
stellte er einige Bedingungen anders, als Hitzig sie dem Dichter
mitgeteilt hatte. Denn Hebel schreibt am 4. Juli 1802: "Ich
habe nun den Bürger Flick, der mir unterdessen vom 26sten
Jul. schrieb, meine Entschließung in Rückantwort kundgemacht.
Eine Handhabe dazu, die ich jedoch sehr höflich angriff, gab mir
ein Brief, in dem er a statt 150 Subskribenten, die er gegen
dich zur Bedingung macht, nun 300 anbedingt, b sich direkte
auf keine Erklärung wegen des Honorarii einläßt, ob ich ihn
gleich ersuchte, mir so zu antworten, daß ich seine Erklärung
als die erste und letzte ansehen könne . . ."
Flick war also ein sehr vorsichtiger Kaufmann und wollte
mit dem unbekannten Dichter nichts wagen. Da hat Hebel
die Verhandlungen "kurz", wie er selber sagt, abgebrochen, und
so kam es, daß die alemannischen Gedichte nicht in Basel
liebrich hebel in basel-063. |
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verlegt wurden. Der Dichter scheint darüber verstimmt gewesen
zu sein; denn auch für die Sammlung von Subskribenten
in Basel konnte er niemand finden, ebenso nicht in Bern. Dies
zeigt wiederum der Brief an Hitzig, der die Unterschriftensammlung
einleiten soll: "Der nächste Postwagen bringt dir,
mein lieber Zenoides, eine Parthie Anzeigen auf das Wälderbüblein,
nimm dich also dessen nunmehr, wie du versprochen
hast und deine Freundschaft mir verbürgt, an und zieh ins
Netz, wer dir nahe kommt, Augen zum lesen im Kopf und noch
einen Thaler im Sack zum bezahlen hat! Lege Fußangeln, wo
du kannst und weißt, fahe sie mit schädlichen Hamen, sey wie
die Pest, die im Finstern schleichet, und wie die Seuche, die
im Mittag verderbet! Laß tausend fallen zu deiner Seiten
und zehntausend zu deiner Rechten." Hitzig möge auch Kandern
in Betracht ziehen. "Es wird dir befremdlich erscheinen,
daß Basel nicht in der Anzeige steht. Ich habe an Decker
geschrieben [wahrscheinlich Buchhandlung Jakob Decker, Blumenplatz],
aber dieser einzige Flegel außer Heinzmann in Bern
hat mir auf 2 Br. nie geantwortet und mich bisher zwischen
Thür und Angel stecken lassen. Hab ichs etwa an seinem Kollegen
Flick verdient? Vielleicht indessen trümmelt dir da und
dort auch ein Böppi ins Netz."
Am zweiten Advent 1802 freut er sich am reichlichen Verzeichnis
der Angeworbenen, das Hitzig eingeliefert hatte, ebenso
im Frühjahr 1803. Er fügt dort die bittere Bemerkung bei:
Die Subskription "geht besser als ich zu hoffen wagte, da die
Schweitz für mich wie für sich selber scheint verloren zu sein".
liebrich hebel in basel-064. |
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Diese augenblickliche Stimmung war jedoch nicht gerechtfertigt.
Eine Anmerkung zum Schreiben über den bösen Decker erklärt
wenigstens (sie ist in der Festgabe von 1860 nicht abgedruckt,
findet sich aber im Original): "Noch heute bekam ich einen
höflichen Brief von Schölli in Basel, der mir Deckers Schweigen
erklärt. Also meine Worte zum Fenster hinaus geredt."
Decker war demnach nicht einfach der Flegel, wenn er auch
nicht Subskribenten sammeln wollte. Aber auch Flick war nicht
so schlimm; denn kaum waren die alemannischen Gedichte erschienen,
so konnte Hebel seinem Freunde melden, "Flick beißt
stark an, wenn nur die Zähne gut sind. Ich hab's ihm, nachdem
ich so kurz mit ihm abgebrochen hatte, nicht zugetraut. Ich
werde ihm heute schreiben und mit dem Postwagen, wenn
nicht bald mein Hans Patron [Macklot in Karlsruhe, der
die Gedichte verlegte] eine Fuhr nach Basel schickt, 50 Exemplare
zuschicken. Er könnte, wenn er's noch für profitabel genug
hält, in die Schweitz hinein einigen Absatz machen, wo
soviel ich weiß noch keine Exemplare hingekommen sind. Denn
Macklot ist eine träge Seele, und die Auflage ligt bey ihm
wie ein Pfund Schnitz und drückt ihm fast den Tisch darnieder."
Damit ist also Basel doch gerechtfertigt. Hebel stand immer
weiter mit Flick in Beziehung. Dieser hat seine Sache doch
gut gemacht, und 1805 bittet der Dichter seinen Freund in
Rötteln: "Sollte dir Flick in sein und meinen Namen mit
einer kleinen Korrektur zu Berg und Hof reiten, so bitte ich
dich, eine Pfeife Tabak und ein paar willige Minuten an uns
zu wenden." Ein wenig Mißtrauen gegen den Buchhändler
liebrich hebel in basel-065. |
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blieb zwar immer; als Hebel an Zenoides durch Flick ein
Exemplar der alemannischen Gedichte dritter Auflage sandte,
bemerkte er in seinem Schreiben: "Die al. Gedichte aber hast du
bey Flick, wohin Macklot die Sendung übernahm, zu erheben.
Sollte ers leugnen, so laß mich's wissen." Im übrigen war
Flick ein sehr rühriger Mann, der vieles unternahm. So gründete
er 1803 in Aarau eine Filiale seines Geschäfts und stellte
als Geschäftsleiter Heinrich Remigius Sauerländer ein, der dann
1805 die Buchhandlung selbständig übernahm und 1820 die
erste schweizerische Ausgabe der alemannischen Gedichte druckte.
Ein anderes Vorkommen machte Hebel inn unserer Stadt
unzufrieden. Er beklagt sich über Haas in Basel im April 1807.
"Wie ich höre, verkauft mich Haas in Basel für 6 Louisd. in
Gyps. Kaufe ihm doch, aber auf meine Rechnung, ein Exemplar
für mich ab. Es ist ganz baslerisch, daß er ohne mein Wissen
Handel mit mir treibt, und daß ich mich selber bey ihm kaufen
muß, wenn ich mich haben will, statt daß er mir mit Ehren
und ohne Schaden einige Abgüsse hätte zuschicken wollen."
Wie bezeichnend ist es, daß Hebel über die Basler sich ärgerte,
aber genau unterschied zwischen Basel und Baslern! Ganz deutlich
wird diese Scheidung im Brief an Zenoides, wo Hebel 1815
über das Bombardement der Stadt durch die Franzosen folgendes
schreibt: "In Basel mag sich jetzt viel Angststoffgas entwickeln.
Etwas davon gönne ich ihnen und möchte an Seiner
Seite gern eine Stunde drin sein und die jammervollen kyrie
eleisa hören. Aber leid wäre es mir, wenn der Stadt selbst
ein Leid geschähe, in der ich geboren bin, und zwar just in der
liebrich hebel in basel-066. |
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Santehans, ni fallor n. 14, das zweite Haus vor dem Schwiebogen
und wo ich so viel gutes genossen und wo wir manches
proteusische Stündlein verbracht haben." Daß aber ein Dichter,
der 1803 zum ersten Male ein Bändchen Gedichte herausgegeben
hat, vier Jahre später in Gips verkauft wird, ist ein
Beweis dafür, daß er schon sehr bekannt und geschätzt worden
ist. Einen andern hübschen Beleg dafür liefert der Kleinbasler
Maurermeister Jakob Chr. Pack. Als 1806 der Landammann
Andreas Merian von hier wegreiste, um seine Würde niederzulegen,
übergab ihm Pack ein Gedicht, dessen Worte er dem
Hebelschen Sommerabend entnommen hatte. Er notierte in
seiner Chronik:
Gedanken währender Abreis unseres Landammannes.
's isch wohr, Sie hatten übel Zit,
ob scho Napoleon war wit,
denn z'schaffe findt sich überal
in Hus und Feld, in Berg und Tal.
's will alles Liecht und Wärmi ha,
und zwor nur vome Landama usw.
Pack bemerkt noch dazu: "Er war sehr wohl damit zufrieden
und gab Abschriften davon, sodaß fast jedermann bekommen
hat."
Ein weiteres Zeichen dafür, daß die alemannischen Gedichte
in der Schweiz verehrt wurden, ist eine begeisterte berndeutsche
Epistel, die sich unter Hebels zurückgelassenen Papieren befindet.
Geschrieben ist sie von S. Wyß, "Vikari z'Bürglen bi
Nidau vom 26. Heymonet 1807". Im gleichen Jahr schrieb
liebrich hebel in basel-067. |
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Joh. Martin Usteri seine erste Mundartidylle "De Herr Heiri"
und war dazu durch die Hebelsche Dichtung angeregt worden. 1813
sodann erschienen in Basel "Leichte Melodien zu Hebels alemannischen
Gedichten componiert und dem edlen Verfasser der
Gedichte, meinem unvergeßlichen Lehrer, als Beweis unveränderter
Hochachtung, Liebe und Dankbarkeit zugeeignet von Christian
Haag, Lehrer der Gesangs-Anstalt in Basel." Dafür nannte
Hebel den Komponisten in einem Brief an Hitzig "die Nachtigall
in Basel". Doch ist es nicht nötig, nach weiteren Beweisen
zu suchen. Man weiß, wie kein Basler vom Anfang des
19. Jahrhunderts an bis heute aufgewachsen ist ohne Hebelsche
Poesie. Es war ein großer, wiewohl verzeihlicher Irrtum Hebels,
zu glauben, die Schweiz sei für ihn verloren.
liebrich hebel in basel-069. |
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Der Hausfreund
liebrich hebel in basel-070. |
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Der Hausfreund.
liebrich hebel in basel-071. |
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Mit den alemannischen Gedichten trat ein gewisser Umschwung
im Leben Hebels ein. Die Gedichte bilden einen
abgeschlossenen Kreis, die Heimat der Jugend war in festgefügten
Umrissen neu erstanden und in ihrer Art ausgeschöpft.
Da und dort hätte Hebel etwa noch eine Ergänzung beifügen
können, das Bild wäre nicht verändert worden. Der dichterische
Schöpfungstrieb hatte sich in dieser Richtung voll ausgewirkt.
Rasch machte sich der äußere Erfolg geltend, und der Dichter
wurde in aller Welt bekannt. Das übte natürlich auf seine
gesellschaftliche Stellung in Karlsruhe großen Einfluß aus,
und so sehen wir in der neuen Heimat einen neuen Freundeskreis
entstehen, der ähnlich dem proteusischen Leben in Lörrach
seinen besonderen Ausdruck fand. Man übte seinen Scharfsinn
im Erfinden und Auflösen von Scharaden und Rätseln.
Gewisse Äußerungen Hebels in den Briefen an Zenoides lassen
darauf schließen, daß dieses Treiben unter Einfluß des Xenienkampfes
Schillers und Goethes entstanden sein mochte. Hebel
war der Vorsitzende der Gesellschaft dieser Freunde und nennt
sie die "Rätselakademie". Er berichtet 1804 an Nüßlin. "Ich
suche der Welt, die sich aber nur auf unsere Tischgesellschaft
beschränkt, durch Scharaden nützlich zu werden." Und "das
Charadenwesen ist hier zur Sucht geworden".
liebrich hebel in basel-072. |
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In dieser Zeit (1805) war, daß er als Mentor der
Barone Carl und Ernst von Mentzingen eine Schweizerreise
unternahm. Schon in den ersten Karlsruher Jahren soll er eine
solche gemacht haben, und es ging dabei ganz nach Hebelscher
Art zu. Er steckte, so wird erzählt, die Ersparnisse des ersten
Jahres zu sich. In die linke Westentasche kam ein Goldstück,
eines in die rechte, und die Reise begann. Das Ziel sollte der
Rigi sein; denn ein alter Wunsch zog ihn ins Gebirge. Doch,
wie so manchmal in seinem Leben, wurde es anders. Als er
bis zum Zugersee und ein wenig darüber hinausgekommen war,
fand er die eine Tasche leer, kehrte er um. Das zweite Goldstück
mußte ja zur Rückreise nach Karlsruhe ausreichen, und
so war der Aufstieg nach Rigikulm unerschwinglich. Aber diesmal,
im Jahre 1805, sollte er die Schweizerberge kennen lernen.
Zwar wiederum ein wenig anders, als er gedacht. Seinem
Zenoides in Rötteln schwärmte er vor, er werde auf den
Gotthard wandern, dann werde es darauf ankommen, ob er
vollends hinüberschwanke und wenigstens einen Tag seines Lebens
unter dem besseren Himmel jenseits der Alpen zubringe.
Bei der Rückkehr wolle er mit italienischem Staub an den Stiefeln
in den Röttler Pfarrhof hineinschreiten. Doch der Weg lief
anderswohin. Die Reise begann am 22. August und führte zunächst
über Donaueschingen nach Schaffhausen. Das este, was
dort geschah, war dies: "Ein schöner neuer Hut reklamierte auf
Schweizergrund und Boden seine Freiheit, setzte sich noch diesen
Abend auf flüchtigen Fuß und ward nicht mehr gesehen". So
berichtet Hebels Tagebuch. Der Munot und der Rheinfall wurden
liebrich hebel in basel-073. |
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bewundert, dann führte der Dichter seine Zöglinge über Stein
am Rhein nach Konstanz, nicht ohne vorher der Insel Reichenau
einen Besuch abgestattet zu haben. Überall wurden zu Handen
der jungen Leute historische Tatsachen in Erinnerung gerufen.
Posthornblasen und Genuß der reichen Apfelernte verkürzte ihnen
den Weg durch den Kanton Thurgau, Frauenfeld wurde berührt,
Hebel fand es tot und leer. Besser gefielen ihm Winterthur
und hernach Zürich, wo er am 29. August anlangte.
Der Gasthof zum Schwerdt tat es ihm an. Denn beim Aufwachen
konnte er dort durchs Fenster einen Teil des Sees
sehen und einen Blick tun auf die Berge, die eben aus dem
Nebel hervortraten. Auf der Limmatbrücke zeigten ihm die
Menschen eine ganze Musterkarte von Schweizertrachten; der
Kaffee mit "Schweizerrahm und Butterbrot" schmeckte ihm in
dieser Umgebung ganz besonders. Hier hat er den Eindruck der
Seelandschaft empfangen, die er später im Gedicht "An den
Geheimrath von Jttner, Curator der Universität zu Freiburg,
bey dessen Gesandtschaftsreise in die Schweiz" eingeflochten
hat. Dem Denkmal Geßners widmete er einen Besuch, hierauf
ließ er sich von der "Katz" (einem Bollwerk) aus die
Punkte der Schlacht bei Zürich erklären. Er wunderte sich
über die freimütigen Urteile, welche alle Zürcher über die geschichtlichen
Ereignisse und Personen äußerten. Am meisten
staunte er über die Freimütigkeit seines Gastwirtes. Dieser
berichtete vom Unfug, den ein französischer Offizier im Wirtshaus
getrieben hatte und fügte bei: "Aber bey Gott, wär
ich daheim gewesen, ich hätt ihm gesagt: Ihr seid so grob,
liebrich hebel in basel-074. |
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wie Euer Herr und Meister." Über den Albis und Kappel,
wo Zwinglis gedacht wurde, erreichten die Reisenden Zug.
Wolken verhüllten den Rigi, so daß wiederum eine Besteigung
unmöglich war. Deshalb zog man über Jmmensee nach
der Hohlen Gasse und Küßnacht. Da wurden Tells Schuß
und Schillers Drama vorgenommen und beigefügt: "Wenn
einmal in der Geschichte Meuchelmord durch Noth gerechtfertigt
und durch seine Folgen zur verdienstlichen That geheiliget
werden kann, so ist dieser." In Küßnacht schifften
sich unsere Reisenden ein und fuhren nach Luzern. Der Pilatus
machte großen Eindruck auf sie. Luzern, so findet Hebel, habe
schon eine empfehlende Außenseite und sei inwendig von einem
heiteren, gutmütigen Völklein bewohnt. Er besah mit seinen Zöglingen
die "topographische Schweizerkarte in erhabener Arbeit"
vom verstorbenen General Pfyffer. In Luzern, meinte er, "hatten
wir die niedlichste und theuerste Bewirthung". Am 1. September,
einem Sonntag, wanderte der Dichter nach dem aus
der Asche eben neu erstandenen Stansstad, wobei er bemerkte,
daß die naiven Landleute, denen sie begegneten, an seinem
und seiner Begleiter Aussehen großes Behagen fanden. Da
gedachte er der Kriegsgreuel, die wenige Jahre vorher beim
Einbruch der Franzosen verübt worden waren, in dieser
Gegend, die von der Natur zum Sitz der Ruhe und des
Friedens geweiht war. "Leuchteten nicht von Stanzstad und
allen Höfen bis nach Stanz hinein die Flammen des Mordbrandes
über den See und rings an den Alpen und Schneebergen
hinauf!" Zwei biedere Schweizer, die den Franzosenkrieg
liebrich hebel in basel-075. |
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mitgemacht hatten, erzählten ihm auf dem Wege die Geschichte
der "Seltenen Liebe", die er später im Hausfreund
wiedergegeben hat. Die Namen "Drachenried" und "Melchthal"
erinnerten ihn an die erste Schweizergeschichte, Sachseln an
Niklaus von der Flüeh. So durchzog Hebel urschweizerisches
Gebiet, schauend und aufnehmend. Ganz deutlich erkannte er dabei,
was schweizerische Demokratie sei. Er traf in Giswil einen
jungen Mann, der 1800 mit den schweizerischen Hilfstruppen
in der Gegend von Heidelberg, Mannheim und Durlach als
Oberleutnant gestanden hatte. Und siehe, dieser Offizier war
jetzt im Privatleben ein — Schuhmacher. Auf dem Brünig
hatten die Herren kein Glück. Ein dichter Nebel verhüllte den
ersten Blick auf die Berneralpen. Es begann zu regnen und
im Wirtshaus wurde "eingefeuert und umgekleidet, getrocknet
und gewaschen, gegessen und getrunken, gelacht und gejammert."
Ersatz für die Alpengipfel bot wenigstens ein Berg
in der Nähe, der von frisch gefallenem Schnee überzuckert
war. In Meiringen sollten, wie Hebel glaubte, die
Leute sich an Geist und Wuchs vor allen Schweizern auszeichnen,
auch ihre Sprache wurde ihm als die feinste des
ganzen Schweizervolkes genannt. Doch meinte er, man müsse
länger als einen Tag dort verweilen, um es wahr zu finden.
Die Leute aber gefielen ihm nicht ganz. "Die offene Treuherzigkeit
der kleinen Kantone zieht sich hinter eine ernstere,
bisweilen fast schwerfällige Außenseite zurück." Der wohlhabende
Berner sei stolz auf seinen Kanton, der ärmere aber scheine das
Gefühl, Schweizer zu sein, wenigstens in diesen Tälern verloren
liebrich hebel in basel-076. |
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zu haben. Die angenehme Art der Unterwaldner Jungen, die den
Wanderer in fröhlichem Kreis umringen, lieb und schön um
ein paar Kreuzer zum Ausspielen mit der Armbrust buhlen,
"sinkt hier zur plattesten und unverschämtesten Betteley nach
deutscher Art und Weise herab". Doch müsse er sich da wohl
vor einer Ungerechtigkeit hüten, fügte Hebel bei, da er nur auf
der Landstraße an diesem Volk vorbeizog. Am Reichenbachfall
lernte er den Maler Lafond kennen, mit dem er angenehme Stunden
verbrachte. Über einen "Grat", wohl die Große Scheideck,
gelangten Hebel und seine Begleiter unter großen Mühen nach
Grindelwald. Die bergungewohnten Männer fielen einer nach
dem andern nieder, "selten waren alle drei auf den Beinen".
Doch keiner wollte müde sein, "er schöpfe nur frischen Atem",
sagte jeder. In Grindelwald aber wurde es ihnen wieder wohl.
Der Anblick der Gletscher, das Donnern der Lawinen machte tiefen
Eindruck auf sie. Abends erzählte ihnen der Wirt, daß er einst
in eine Gletscherspalte gefallen sei, jedoch auf allen Vieren im
Wasser unter dem Eis hindurch ins Freie habe gelangen können.
Lauterbrunnen erreichten die Reisenden über Zweilütschinen.
Staubbach und Jungfrau wurden angestaunt, ebenso bewunderte
man den Bericht, daß kürzlich am Schweizer Hirtenfest
ein starker Appenzeller einen 180 Pfund schweren Stein mit
einer Hand gestemmt habe. Über Interlaken zogen die Reisenden
nach Thun, lernten dort den gelehrten und sehr gefälligen
Herrn Professor Kuhn aus Bern kennen, nachdem sie schon
in Unterseen die Bekanntschaft mit dem Maler König gemacht
hatten. In Bern, der "schönsten und eine der größten Städte
liebrich hebel in basel-077. |
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der Schweiz", verweilten sie zwei Tage lang. Selbstverständlich
fielen ihnen die Lauben auf. Eine Madame Haller führte sie
in die Bibliothek, wo sie die Bilder der alten Häupter des Staates
bewunderten. Ferner sahen unsere Reisenden ein großes Tableau,
die Auferstehung darstellend, eine vollständige Sammlung aller
Vogelarten der Schweiz, eine Sammlung alter Waffen und Kleider
aus Südindien und Otaheide, dazu ein Relief des Berner
Oberlandes und der Landschaft Aigle, eine Mineraliensammlung
und die besonders gut eingerichteten Spitäler der Stadt. Herrn
Lafond besuchten sie ebenfalls, er zeigte ihnen mehrere Stiche
und Handzeichnungen seines Lehrers Freudenberger. Über Biel
und Pierre Pertuis gelangte Hebel nach Mallerais, "einem
schlechten Dorf und desgleichen Wirtshaus". Unterwegs hatte
er einen angenehmen Begleiter, Herrn Lembke, zurückgelassen,
der in einem Wagen nach Biel zurückkehren wollte. Nach einigen
Stunden wurde dieser Herr als Arrestant nach Mallerais gebracht,
er war irrtümlicherweise verhaftet worden. Hebel konnte
ihn befreien, sonst wäre der Gefangene noch nach Besançon abgeführt
worden; denn die Gegend war damals französisch. In
dichtem Nebel machte man den Weg zu Fuß nach Delsberg, durch
die Landfest; wo "das Völklein, das sie bewohnt, in dem
schönen Ruf der herzlichsten Gutmütigkeit und Biederkeit" steht.
Am 13. September legten die Wanderer über Saugern und
Äsch den Weg nach Basel in neun Stunden zurück. Der Blick
hinunter nach St. Jakob erinnerte sie an die Armagnakenschlacht
und an den roten Wein, der "jetzt auf dem Schlachtfeld wachst",
Schweizerblut genannt, der "alle Frühjahr in wenigen Tagen
liebrich hebel in basel-078. |
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unter patriotischen Erinnerungen und Gefühlen weggetrunken
wird". Nun waren die Reisenden in Basel, und Hebel zeigte
seinen Schützlingen die Sehenswürdigkeiten "der größten Stadt
der Schweiz". Die Sehenswürdigkeiten aber waren diese. das
Rathaus, die Münsterkirche, merkwürdig durch die Grabstätten
und Denkmäler von Personen aus dem österreichischen und [fehlt
im Tagebuch] Hause, von Bischöfen und [fehlt], den Familien von
Rotberg, Reichenstein usw. Auf den Grabstein des Erasmus wurde
nachdrücklich hingewiesen. Dann kamen an die Reihe: Das große
Auditorium der Universität, der Saal der Kirchenversammlung,
der Kreuzgang hinter der Kirche und die Pfalz "mit einer
schönen Aussicht". Der Rest der Tage (14. und 15. September
) wurde bei Freunden auf dem Lande, in Bourglibre und
Weil zugebracht. Am 22. September waren die Reisenden wieder
in Karlsruhe. So hat Hebel die Schweiz gesehen.
Karlsruhe fesselte ihn nun immer stärker. Als 1809 die
Schauspielerin Henriette Hendel dort weilte und Hebel sie die
Aussprache der alemannischen Gedichte gelehrt hatte, trug sie
öffentlich einige davon vor. Der Dichter konnte am Erfolg
spüren, wie sehr er geehrt und geachtet war. Das Erlebnis hat
ihn leidenschaftlich erregt. Er berichtete darüber an Zenoides und
erzählt, wie die Hendel unter anderem "in Gegenwart des Hofes
und des Adels, des Fürsten von Thurn und Taxis, die wegen
dem Kayser hier waren und mehr als 600 Personen verschiedener
Stände unter beständiger Begleitung des allgemeinen Beyfalls
"Hans und Verene" vortrug und dann anfing "z 'Fryburg in
der Stadt". Aber denke dir ein Weib, das im stolzen, königlichen
liebrich hebel in basel-079. |
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Bewußtsein, alles thun zu dürfen, was es will, auch wirklich
thut, was es will — an der Stelle:
Minen Auge gfallt —
gel, de meinsch, i sag der Wer,
dreht sich nach mir, lächelt nach mir, sagt:
es isch kei Sie, es isch en Er
und deutet auf mich. — Eine Schauspielerin im Theater und
ein Kirchenrat im Parkett!!!.. Das Klatschen dauerte so
lang und laut, daß sie den Schlußvers nicht mehr anbringen
konnte, und statt für den Beyfall stumm zu danken, that sie
dies laut und sagte, daß sie dieses Glück (ich will aus Bescheidenheit
nicht alles nachschreiben, aber das schönste) ihrem
Freund Hebel zu verdanken habe, durch dessen Gegenwart sie
begeistert sey". An Frau Haufe schrieb der Dichter: "Ich muß
doch ein wenig verliebt gewesen seyn in die Geliebte, wie ich
jetzt erst merke."
Da Hebel auch beim Großherzog größtes Verständnis fand,
lebte er sich immer mehr in Karlsruhe ein. Überdies erwuchs
ihm eine neue dichterische Aufgabe: Es war die Arbeit am
Kalender, die bald nach den alemannischen Gedichten einsetzte.
Das Gymnasium in Karlsruhe gab nämlich den "Badischen
Landkalender" heraus, der jedoch "in der Konkurrenz mit so
vielen fremden reicherer Aussteuer bei seinem Publikum immer
weniger Kredit und freiwillige Abnahme fand", trotzdem er durch
den Hatschierer ausgeteilt wurde. Man zog auch Hebel zur Mitarbeit
bei und suchte "durch Annäherung in Inhalt, Ton und
liebrich hebel in basel-080. |
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äußerer Gestalt an die Wünsche und den Geschmack des Volkes"
das Büchlein in höheren Kredit zu bringen. Nach Hebels Ansicht
war dies aber nicht gelungen. Deshalb nahm er die Sache
tüchtig in die Hand und übergab zu diesem Zwecke der Direktion
des Gymnasiums ein "Unabgefordertes Gutachten über eine vorteilhaftere
Einrichtung des Calenders". Er bewies darin, daß
diese Aufgabe bereits gelöst sei in dem ihm bekanntesten Volkskalender,
dem "Basler Hinkenden Boten", der als bloßes
Privatunternehmen ohne alle obrigkeitlichen Zwangsgesetze einen
fast unbegreiflichen Absatz finde. Es ist bezeichnend, haß der
Dichter bei einem volkstümlichen Buch, wie es der Kalender
war, ohne weiteres an seine Wiesentäler und an Basel dachte.
Er stellte den Hinkenden Boten dem Badischen Landeskalender
gegenüber, und letzterer kam nicht gut weg. "Der Badisch
Kalender enthält 4 —5 Bogen Text, kein rothes Jota, nicht
einmal einen rothen Vollmond", habe schlechtes Papier und
koste vier Kreuzer. "Der Bote hat 6 —8 Bogen Text, in
den schlechtesten Exemplaren wohl erträglichen und sehr
leserlichen Druck, viel Roth" und "kostete in einer Gegend,
wo alles theurer ist, lange nur 6 cr. jetzt 8". Da er aber kein
Exemplar dieses Kalenders besaß, legte er bei "zur unmittelbaren
Ansicht den ebenfalls in Basel herauskommenden Schweizerboten
von Heinrich Zschogge herausgegeben". Lange Zeit, so
sagte er, habe es sogar in Basel zwei hinkende Boten gegeben,
einen im Scholerschen, einen im Deckerschen Verlag.
Da Hebel die Art und Wünsche der Landbevölkerung genau
kannte, verlangte er, daß man im Kalender das Rote wieder
liebrich hebel in basel-081. |
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einführe, die astrologischen Praktika, die Zeichenstellung und das
Aderlaßmännlein, wie es Zschokke getan, der gezeigt habe, "wie
fein und unschädlich sich diese Artikel behandeln lassen, und
wieviel weiser es sei, den Geschmack seines Publikums zu benützen
als ihn zu verachten und zu beleidigen".
Wie stellte sich aber Hebel den Inhalt eines Kalenders
vor? "Der Bote gibt als Hauptingrediens seiner Leseartikel
politische Begebenheiten des vorigen Jahres, Mord- und Diebsgeschichten,
verunglückte Schatzgräber und Gespensterspuk, Feuersbrünste
und Naturerscheinungen, edle Handlungen und witzige
Einfälle, womöglich aus seiner neuesten Vaterlandsgeschichte.
Ahme dies nach! Auch der Bauer mag gern wissen, was außer
seiner Gemarkung vorgeht, und will, wenn er unterhalten und
affiziert werden soll, etwas haben, von dem er glauben kann,
es sei wahr. Mit erdichteten Anekdoten und Späßen ist ihm so
wenig gedient als mit ernsten Belehrungen, und wenn wir
noch, wie billig, edlere Zwecke mit der Kalenderlektüre erreichen
wollen, welches Vehikel wäre zu den mannigfaltigsten Belehrungen
geeigneter als Geschichte ?" Hebel gibt hier die Grundlagen
an, auf denen er später selber die Kalendererzählungen
aufbaute. Er dachte aber gar nicht an sich. Es war sein Dichtergeist,
der unbewußt in diesem Gutachten die schöpferische Arbeit
begann und seine eigenen Fähigkeiten darlegte. Wie wenig er
sich selbst im Auge hatte, zeigt der Vorschlag, den er machte:
"Das ganze Geschäft soll nicht vielen, sondern einem Bearbeiter
übertragen werden, der nicht in der Stadt, sondern beobachtend
unter dem Volk lebt, einem Landgeistlichen, der Talent, guten
liebrich hebel in basel-082. |
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Willen und Muße dazu hat." Er verlangte für ihn "honette
Vergütung". "Denn umsonst ist der Tod". Dazu bemerke er:
"Ich habe bischer an dem Kalender so willig und verhältnismäßig
viel gearbeitet, daß ich mit dieser Nummer [des Gnu
achtengl keinen Schein unredlicher Arbeitsscheu auf mich zu laden
hoffe." Wen er sich aber unter einem geeigneten Landgeistlichen
vorstellte, zeigt sein Brief an Zenoides: "Ich habe bei den
diesjährigen Calender-sitzungen einen 3 Bogen starken Vorschlag
zur gänzlichen Reform unseres Calenders gegeben, um ihn den
beliebtesten ausländischen gleich oder vorzusetzen. Unter anderm
sollen ihn nicht viele in der Stadt, sondern einer auf dem Land,
ein Pfarrer, ausarbeiten und dafür bezahlt werden. Ich will Dich
nicht fragen, ob ich Dich in Vorschlag bringen soll. Denn es
ist schon geschehen. Aber fürchte nichts! Es wird alles nach
löblicher Sitte beim alten bleiben."
Es blieb aber nicht beim alten. Vorerst allerdings wurde
noch viel darüber geredet, und der Dichter mußte befürchten,
man habe ihn mißverstanden und wolle einfach den Basler
Hinkenden Boten nachmachen. Er verfaßte deshalb "Meine
weiteren Gedanken über eine vorteilhaftere Einrichtung des Calenders"
und ging dabei mit dem baslenschen ins Gericht, der
Wert sei "von ihm zu lernen, was man dem Volk, aber nicht
wie man es ihm geben müsse". Selbst die historischen Leseartikel
müßten viel zweckmäßiger gewählt, populärer, sinniger,
reiner und unter einer lustigen Außenseite bearbeitet werden,
als dort geschieht, und die stehenden Artikel von Nativitätssiellung,
Aspekten usw. nach den angegebenen Zschokkeschen Manieren
liebrich hebel in basel-083. |
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so bearbeitet werden, daß nicht der Aberglaube gefestigt
und gelehrt, vielmehr allmählich entkräftet werde.
Auch mit den Bildern des Basler Hinkenden Boten konnte
Hebel nicht zufrieden sein. Er wußte über die Praktiken des
Verlegers genauen Bescheid. "Decker legte die alten Holzschnitte,
wenn sie noch brauchbar waren, sonst zu eigenem zweiten Gebrauch
zurück. Wenigstens kam öfters nach mehreren Jahren
genau die nemliche Tafel; das nemliche arme Städtlein mußte
zu allen Feuersbrünsten in Nord und Süd herhalten, und wie
manche Theatergesellschaft, so hat er zu allen Mordscenen nur
einen Wald und immer die nemlichen Acteurs." "Er läßt die
Kalender durch seine eigenen Mägde und Jungen heften, der
Buchbinder, der sie nur noch zu beschneiden hat, kommt ins
Haus und erhält für 12 Stück nur 2 Rappen, folglich für
60 erst 4 Kreuzer." Die Forderung nach einem einzigen Bearbeiter
auf dem Lande wurde nachdrücklich wiederholt, "wie ein
solcher gewiß verständlicher, lehrreicher und unterhaltender mit
dem Landmann sprechen kann, als der gelehrteste Professor aus
der Stadt, also wird er ihm gewiß auch einen ansprechenderen
und zweckmäßigeren Calender geben".
Man sieht in allen Ausführungen deutlich, wie Hebel ein
Netz flicht, in dem er schließlich selber gefangen wurde. Und
das war für den Kalender und uns das denkbar beste. "Zu
einem andern Zeitvertreib und Verderb [als Charaden lösen]
habe ich die Redaktion des Kalenders ganz übernommen,"schreibt
er am 11. März 1806 an Hitzig. Aber dieser Zeitvertreib wurde
liebrich hebel in basel-083b. |
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liebrich hebel in basel-084. |
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mehr: Ein neues dichterisches Gebiet wurde besetzt, eine neue
Welt entstand für Hebel neben derjenigen der alemannischen Gedichte.
Wiederum war es ein Stück Oberländer Heimat, welche
sich da aufbaute. Aber Hebel war seinem Lande entwachsen.
Er stand jetzt über seinem Heimweh und brachte seinen Landsleuten
die Gaben einer höheren Bildung. Und so wie er sich zu
dieser Aufgabe stellte, nicht mehr um sein Innerstes und dessen
Ausdruck ringend, sondern überlegen und bewußt wirkend, entfaltete
sich aufs glänzendste sein Humor. Höherstehenden
gegenüber war er nach eigenem Geständnis immer etwas gedrückt;
seine Erziehung hatte ihm den Respekt zu tief eingepflanzt.
Er fühlte sich zwar "ungemein angenehm in der
Gesellschaft dieser feingebildeten Menschenklasse [der Adeligen]",
aber Dichter, und namentlich Erzähler war er nur unter einfachen
Leuten. Durch den Kalender wurde er für sie der
wirkliche Hausfreund [er führte den Namen "Rheinländischer
Hausfreund" 1808 ein], der sie um sich versammelte und mit
feinem Takt verstand, eine Hausfreundgemeinde zu gründen.
Zu diesem Zwecke brachte er seine eigenen Erlebnisse hinein in
die Kalenderwelt. Dadurch erhielten seine Abhandlungen und
Geschichten etwas ganz Persönliches und wurden eine Angelegenheit
zwischen dem einzelnen Leser und dem Verfasser. Er
berichtet im "Hexenmehl", daß er Bärlappe "in der Gegend
von Hausen, zum Exempel auf dem Alzebühl, an dem Plaßberg,
im Wagengesperr" in seiner Kindheit oft gesehen und um den
Leib herum gegürtet habe. Auch auf den Proteuserbund deutet
er hin als etwas ganz Selbstverständliches in der "Baumzucht".
liebrich hebel in basel-085. |
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"Hausfreund", sagt dort der Adjunkt, "wenn ihr einmal Vogi
werdet, Stabhalter seid ihr schon." Seine Bekannten führt er
ebenfalls ein. Da ist der Adjunkt, der württembergische Legationssekretär
Kölle, der ihm manchen Stoff zu Erzählungen
zutrug. Diesen Umstand berichtet der Hausfreund unumwunden
seinen Lesern. Der Schluß von "Die Probe" erzählt:
"Dieses Stücklein ist noch ein Vermächtnis von dem Adjunkt,
der jetzt in Dresden ist. Hat er nicht dem Hausfreund einen
schönen Pfeifenkopf von Dresden zum Andenken geschickt, und
ist ein geflügelter Knabe darauf und ein Mägdlein und machen
etwas mit einander. Aber er kommt wieder, der Adjunkt." Und
wirklich erscheint er wieder und läßt sich willig vom Erzähler
im "Morgengespräch des Hausfreundes" examinieren. Auch in
"Der listige Kaufherr" verrät Hebel: "Der Adjunkt, der dieses
schreibt, hat allemal eine große Freude, wenn er auch ein Geschichtlein
einmauern kann in den Kalender." Der Adjunkt singt
auch in "Der fremde Herr" zu Brassenheim im wilden Mann
seine Lieder und hält die trefflich "Standrede über das neue
Maß und Gewicht."
Die Schauspielerin Henriette Hendel wird ebenfalls eingeführt
in den Kalenderkreis. Hebel ernennt sie zur Schwiegermutter
des Adjunkten, weil diesem das Bild des Töchterleins
der Hendel gefallen hatte. Auch sie arbeitet am Kalender mit.
Davon spricht der Schluß der Erzählung "Die leichteste Todesart".
Es heißt dort: "Dies Stücklein ist von der Schwiegermutter,
die niemand gern umkommen läßt, wenn sie ihn retten
kann."
liebrich hebel in basel-086. |
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Damit aber auch die Kalenderleser über die beiden orientiert
seien, stellt er sie bei ihrer Einführung in "Des Hausfreundes
Vorrede und Neujahrswunsch 1811" also vor:
"Was aber die zwei Gehilfen betrifft, so hat der Hausfreund
angenommen, erstlich einen braven Adjunkten, der schon
weit in der Welt herumgereist ist, in Paris, in Amsterdam und
in München... Sodann hat er angenommen des Adjunkts seine
Adjunktin oder Schwiegermutter, die ist schon gewesen in Berlin,
in Italien und auf dem Rigiberg in der Schweiz, hat schöne
Liedlein dort gelernt, kann alle Leute ausspotten, und doch ist
sie allen Leuten lieb und wert. Schon manchmal hat der Adjunkt
den Hausfreund gefragt, ob es mit natürlichen Dingen
zugeht, was sie versteht und wie sie's treibt, und wie sie's
den Leuten antut, z. B. ihm."
Es ist klar, daß das Wort des Hausfreundes eine große
Vertraulichkeit wecken mußte, und daß er daher, wo er's für
nötig hielt, Belehrungen anbringen durfte und immer wieder
sagen konnte, der Hausfreund denkt so und so. Man mußte ihm
glauben, wenn er in der Geschichte "Wie einmal ein schönes
Roß um 5 Prügel feil gewesen ist" sagte: "Der Hausfreund
hat's schriftlich, daß es wahr ist."
Hebel bevölkert aber auch seine Kalenderwelt mit Personen,
die eine besondere Rolle zu tragen haben: Der Zundelfrieder und
seine Gesellen tauchen als echte Spitzbuben bald auf, bald unter.
Eine unverbürgte Überlieferung sagt sogar, daß der Frieder keine
erfundene Figur sei, daß er vielmehr wirklich gelebt und im
liebrich hebel in basel-087. |
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Kampf zwischen Stadt und Landschaft Basel am 3. August 1833
gefallen sei. Der Herr Theodor sodann spielt seine überlegene
Partie in "Nasse Schlittenfahrt", im "Talhauser Galgen" und
im "Friedensstifter". Der allzeit windige Zirkelschmied ergattert
sich ein "wohlfeiles Mittagessen", außerdem einen Schinken
in "Hilfe in der Not", einen Vierundzwanzger in "Ein Hausmittel",
neun Gulden im "Wettermacher" und spricht schließlich
unfreiwillig sein Urteil in "Seinesgleichen". Die Kalenderwelt
hat auch gerechte und weise Richter, wie die "Billige Rechtspflege",
"Der Talhauser Galgen", die "Rettung vom Hochgericht",
aber auch "Der kluge Richter" und "Eine sonderbare
Wirtszeche" zeigen. Die Weltbegebenheiten zeichnen sich ab und
malen den großen Hintergrund der Zeitgeschichte in "Napoleon
und die Obstfrau in Brienne" und im "Brand von Moskau".
Im Vordergrund jedoch stehen auch etwa einzelne Soldaten
als Menschen aus der guten alten Zeit in "Hochzeit auf der
Schildwache", in "Einer Schildwache lächerlicher Irrtum",
"Das bequeme Schilderhaus" u. a. Und neben dem Soldaten
taucht auch der deutsche Handwerksbursche auf und walzt seine
Straße als Träger eines etwas beschränkten, aber unendlich
treuherzigen Alemannentums.
Politische Begebenheiten, Mord und Diebsgeschichten, verunglückte
Schatzgräber und Gespensterspuk, Feuersbrünste und
Naturerscheinungen, edle Handlungen und witzige Einfälle, so
lautet im "Gutachten" das Programm, und das ist ungefähr
auch der Stoff, welcher den Rahmen der Kalendenvelt
ausfüllt.
liebrich hebel in basel-088. |
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Die Art, wie Hebel das Leben ringsum betrachtete, war
geradezu zur Aufgabe des Kalenderschreibens vorbestimmt. Er
mußte nicht ein Vorkommnis umdeuten, er erlebte in überlegener
Art. Darum ist sein Humor so natürlich. Denn dieser war
eine innere Eigenschaft, gewissermaßen das besonders gefärbte
Glas, durch das der Dichter die Situationen schaute. Deshalb
sind seine Diebsgeschichten, deren Stoff doch gewiß dem gemeinen
Manne unmoralisch vorgekommen wäre, so unendlich
komisch, bei der "Rettung vom Hochgericht" z. B. muß der
ernste Blutrichter selber das Schnupftuch vor den Mund halten
und auf die Seite sehen.
Wenn auch die Kalendergeschichten geschrieben und gegedruckt
wurden, so ist doch, als ob der Erzähler spräche.
Die Charakterisierung der Menschen wird dabei immer lebhafter,
der Jude mauschelt immer stärker, die Spitzbuben
zeichnen sich immer treffender durch leicht hingeworfene Bemerkungen,
so wie es eben geschieht, wenn jemand lebhaft erzählt.
Da beginnt auch das lustige Spiel, das scheinbar eine
Tatsache steigert, um dann dem gespannten Zuhörer das
einfachste Ding vorzubringen, wie im "listigen Quäker": "Die
Quäker sind eine Sekte, zum Exempel in England, fromme,
friedliche, verständige Leute wie hier zu Land die Wiedertäufer
etwa und dürfen vieles nicht tun nach ihren Gesetzen, nicht
schwören, nicht das Gewehr tragen, vor niemand den Hut abziehen;
aber reiten dürfen sie, wenn sie Pferde haben." Diese
Art des Erzählens achtet auf die kleinsten Dinge und sucht
jedes Fortschreiten der Handlung genau zu begründen und dem
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Hörer nahe zu bringen. Alles, was fern und fremd ist, wird
durch Nahes und Bekanntes erklärt und verständlich gemacht.
Ein glänzendes Beispiel dafür ist die "Merkwürdige Gespenstergeschichte".
Hebel will da eine Begebenheit aus Dänemark erzählen.
Das erscheint ihm aber zu abgelegen. Deshalb fuhr,
nicht irgend einmal, sondern "verwichenen Herbst", ein fremder
Herr durch Schliengen. "Den Berg hinauf ging er zu Fuß
wegen den Rossen." Man weiß gleich, es ist am Schlienger
Stutz, wo der Reisende auszusteigen pflegt. Der Fremde erzählt
seine Geschichte einem Grenzacher. Dieser muß ja natürlich
in derselben Richtung über den Schlienger Stutz, wenn er heimgehen
will. So ist der Leser sofort im Bild, und die Gespenstergeschichte
kann beginnen. Aber auch da muß das fremde Schloß
näher gebracht werden: Der Herr "stellte zwei brennende Lichter
auf den Tisch, legte ein paar geladene Pistolen daneben, nahm
zum Zeitvertreib den Rheinländischen Hausfreund, so in Goldpapier
eingebunden an einem roten seidenen Bändelein unter
dem Spiegelrahmen hing, [in einem Schloß ist alles vornehmer
als in einer Hütte] und beschaute die schönen Bilder". Nun
kommt das Gespenst, der mutige Herr geht ihm nach und
fällt in die Hand der Falschmünzer. Diese lassen ihn schwören,
sie nicht zu Verraten und senden ihm zum Dank, daß er sein
Wort hielt, später eine goldene Uhr und fügen bei: "Ihr dürft
erzählen, wem ihr wollt." Eben deshalb kann jetzt der so
gewissenhafte Herr dem Grenzacher ruhig das Erlebnis berichten.
Unterdessen ist er auf der Höhe angekommen, wo man nach
Hertingen hinuntersieht, und nun wird die Geschichte beglaubigt:
liebrich hebel in basel-090. |
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Da "es in Hertingen Mittag läutet", zieht der Herr eben die
genannte goldene Uhr, um zu schauen, "ob die Hertinger Uhr
recht geht". Und nachher werden ihm "im Storken zu Basel
von einem französischen General 25 neue Dublonen darauf geboten".
"Aber er hat sie nicht drum gegeben." Nun ist die
Geschichte, die sich im fernen Dänemark abspielt, nicht mehr
weit abgelegen, sie wickelt sich geradezu im Oberland ab.
Der Bemühung, die Erzählung in die Heimat oder in
faßbare heimatliche Vorstellungen zu verlegen, ist es zu danken,
daß auch Basel im Kalender seinen Platz erhält. Denn die
Stadt gehört für Hebel unbedingt in den Begriff "Oberland".
Er setzt sie als bekannt voraus bis in Einzelheiten hinein. Vorerst
spielt sie die Rolle als "Stadt" überhaupt in "Der verachtete
Rat". Ein Reisender auf der Basler Straße rät einem
Fuhrmann, langsam zu fahren, wenn er noch vor Torschluß
in die Stadt gelangen wolle. Der Fuhrmann aber treibt die
Pferde so an, daß sie die Hufeisen verlieren und die Achse des
Wagens bricht. Daher muß er unterwegs übernachten, während
der Fußgänger gemächlich ans Ziel gelangt. Diese Erzählung
stammt aus einem alten Büchlein, dem "Vademecum für lustige
Leute". Dort ist nur von der Stadt die Rede, den Namen
Basel hat Hebel eingefügt, weil "Stadt" und Basel für ihn und
seine Leute dasselbe bedeutet. Weit mehr ins einzelne gehend ist
der "Einträgliche Rätselhandel". Der Stoff dazu ist ebenfalls
dem "Vademecum" entnommen. Dort aber ist die darin vorkommende
Stadt Amsterdam. Der Hausfreund verwandelt sie in
Basel. Elf Personen fahren von da aus in einem Schiff, "das
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mit allen Kommlichkeiten versehen war," den Rhein hinab.
"Im Anfang und vom Wirtshaus zum Kopf weg war man
sehr gesprächig". Der Gasthof "Zum Goldenen Kopf"stand an
der Schifflände unmittelbar neben dem Gasthof zur Krone,
welcher die Ecke der Kronengasse gegen die Schifflände bildete.
Der Name "Kopf" hatte mit dem menschlichen Haupte nichts
zu tun, trotzdem im Wirtsschild ein solcher zu sehen war, sondern
hatte die Bedeutung von Humpen, Trinkgeschirr. Mit der Erwähnung
des "Kopf" war aber der Oberländer Leser sofort
richtig eingestellt und konnte die Schiffahrt mit erleben. Denn
weitere bekannte Namen gleiten vorüber: als man an Hüningen
und der Schusterinsel vorbei war, an Markt, am Isteinerklotz
und St. Veit, da begann man sich zu langweilen. Der Jude,
"der nach Schalampi wollte", fing seinen Rätselhandel an,
und da man eben von Basel weggefahren war, wird dabei
auch der Name der Stadt genannt: "Wie kann man zur
Sommerzeit im Schatten von Bern nach Basel reiten?" Und
"Wenn einer im Winter von Basel nach Bern reitet und hat
die Handschuhe vergessen, wie muß er's angreifen, daß es ihn
nicht an die Hände friert?"
Diese Geschichte hat noch ein schweizerisches Nachspiel. In
"Drei Worte" taucht der nämliche Jude in Endingen wieder
auf. Dieser Ort liegt im Kanton Aargau; in Oberendingen
durften die Juden sich seit dem 17. Jahrhundert Bürgerrecht
erwerben und frei ihren Glauben ausüben. Es ist also wiederum
für den Leser sehr glaubhaft, daß der Jude dort noch einmal
durch ein schlau gestelltes Rätsel einen Gersauer übers
liebrich hebel in basel-092. |
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Ohr haut und ihn zu dem Zweck anredet: "Seid Ihr nicht einer
von den graußmütigen Herren, daß ich hab die Gnad gehabt,
mit ihnen von Basel nach Schalampi zu fahren auf dem
Wasser?" Hebel kann scheinbar nebensächliche Züge eben verwerten,
weil er die Verhältnisse in Basel und der Schweiz
genau kennt, und es macht ihm fühlbar ein Vergnügen, sie einzuflechten.
Dies zeigt auch die Geschichte der "Guten Mutter".
Dort fährt die brave Schweizerfrau, die treuherzig und redselig
ist, "wie alle Gemüter, die Teilnahme und Hoffnung bedürfen,
und die Schweizer ohnedem", "auf dem Postwagen zum St. Johannistor
in Basel heraus und an den Rebhäuslein vorbei in
den Sundgau". Es genügt dem Dichter nicht, die Frau einfach
zum Tor hinausfahren zu lassen, das Charakteristisch der Straße
muß dem Leser durch eine einfache Erwähnung der Rebhäuslein
in Erinnerung gerufen werden. Wie typisch aber diese Häuslein
waren, zeigen die Briefe des schon genannten Küttner, der
schreibt: "Rings um die Stadt gibt es etliche hundert kleine,
in einem schlechten Geschmack gebaute Häuschen, die man Gartenhäuschen
nennt, an manchen Seiten bilden sie ganze Gassen
Sie gehören meistenteils Handwerkern und den mittleren Klassen
der Bürgerschaft, die oft, besonders an den Sonntagen, mit
ihren Familien oder guten Freunden ein paar Stunden zubringen
und ein sogenanntes Abendessen (Gouté) halten, wobei gewöhnlich
wacker gegessen und getrunken wird. Mehrenteils stößt an
diese Häuschen eine kleine Wiese oder gewöhnlich ein kleiner
Weinberg, der in der Zeit der Weinlese zu besonderen Festen
und Schmausen Anlaß gibt."
liebrich hebel in basel-093. |
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Noch einmal zeigt "Teures Späßchen" die Freude an
wirklich vorhandenen Einzelheiten. Die Erzählung spielt ganz
in Basel, und wie im "Geisterbesuch auf dem Feldberg" wird
auf den Reichtum der Stadt hingewiesen. Denn die Wirtin
sagt zu dem unvorsichtigen Gast: "In Basel kann man für
Geld alles haben." Sie bringt dann einen Teller "voll zarter
Cucümmerlein aus dem markgräfischen Garten, aus dem Treibhaus",
und der Gast muß dafür "Zehen Batzen, fünf Rappen
Basler Währung" bezahlen.
Als ein Stück Heimat, das man genau kennt, steht unsere
Stadt im Kalender, jenseits Basels geht's für den Leser ins
Unbekannte, wenn schon die Schweiz noch im Blickbereich steht.
Will man aber in die Ferne, so fängt diese bei der Stadt an.
In den "Weltbegebenheiten 1809" heißt es: "Wenn man von
Basel aus durch die ganze Schweiz reist bis nach Genf, so kommt
man nach Frankreich. Wenn man durch ganz Frankreich die
Reise fortsetzt, so kommt man nach Spanien. Wenn man weiters
durch ganz Spanien reist bis an das andere End, so
kommt man nach Portugal." Dort will aber Hebel zur Besprechung
der Begebenheiten seine Leute haben, und man spürt,
wie dunkel es hinter Basel wird. Aber am Rhein ist das
Gebiet des Hausfreundes. Im Vorwort zum Kalender 1809
spricht "Der Rheinländische Hausfreund mit seinen Landsleuten
und Lesern und wünscht ihnen das neue Jahr". Unter anderem
sagt er: "Der Rheinländische Hausfreund geht fleißig den Rheinstrom
auf und ab, schaut zu manchem Fenster hinein, man sieht
ihn nicht; sitzt in manchem Wirtshaus, und man kennt ihn
liebrich hebel in basel-094. |
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nicht; geht mit manchem braven Mann einen Sabbaterweg
oder zwei, wie es trifft, und läßt nicht merken, daß er's ist.
Zum Exempel, er hat's wohl mit angehört und ist dabei gestanden
im letzten Herbst, als die Schwäbin, so ohne Beine
auf einem Rößlein in der Welt herum reitet, herwärts der
Schorenbruck, zwischen Basel und Haltingen an der Straße saß
und prophezeite emer braven Markgräflerin, die von Basel kam
und bei ihr stand, viel dummes Zeug, was der Komet bedeute."
Wie die Kalendergeschichten den Leser in alle Länder führen,
bald mit dem Handwerksburschan von Duttlingen nach Amsterdam
oder beinahe mit dem schlauen Pilgrim auf dem Fußweg über
Mauchen, der die Strecke um eine Viertelstunde abkürzt, nach
Jerusalem, so bringen sie ihn auch in die Schweiz hinein. In
Witlisbach im Kanton Bern schläft "Der Vorsichtige Träumer"
im Bett mit den Pantoffeln an den Füßen. Die Lebensgeschichte
des "Jakob Humbel" von Boneschwil im Schweizerkanton Aargau
spielt im Aargau, Emmental und Waadt, und die "Seltene
Liebe" am Vierwaldstättersee. Hebel hat sich die Begebenheit
auf seiner Schweizerreise 1805 von Augenzeugen
erzählen lassen. Die "Seltsame Ehescheidung" vollzog "ein
junger Schweizer aus Ballstall", indem er beim Grenzstein
zwischen Spanien und Frankreich einen tüchtigen Stecken abschnitt
und damit seinem bösen spanischen Weibe "ein langes
Kapitel aus dem Ballstaller Ehe- und Männerrecht" vorlas.
Der Zundelfrieder kommt einmal nach Rheinfelden und feuert
in "Der Lehrjunge" den Ratsdiener durch einen "Seinen Thaler"
an, einem armen, jungen Sünder die Schläge tüchtig zu salzen.
liebrich hebel in basel-095. |
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Gutmütig aber, wie er ist, nimmt er auf dem Weg nach
Degerfelden den so bearbeiteten Menschen als Lehrling auf.
Für diejenigen Kalenderleser, die sich etwa unter der Schweiz
ein ausschließlich glückliches Land vorgestellt haben, berichtet
Hebel im Kalender 1810 "Schreckliche Unglücksfälle in der
Schweiz", welche nicht nur "herdenreiche Alpen, Käse, Butter
und Freiheiten hat", sondern "auch Lawinen". Es ist dabei
rührend, wie der Dichter die Verunglückten als gute, fromme
Leute schildert (er nannte die Schweizer ja schon in der "guten
Mutter" treuherzig und redselig). In Sturnen im Kanton
Uri läßt er den Vater zur Frau und zu den drei Kindern
sagen im Augenblick, ehe er mit seiner Familie durch eine
Lawine weggefegt wird: "Wir wollen doch auch noch ein Gebet
verrichten für die armen Leute, die in dieser Nacht in Gefahr
sind." In Pilzeig, ebenfalls im Kanton Uri, sagt eine Mutter
beim Donnern der Lawinen: "Kinder, hier ist keine Rettung
möglich, wir wollen beten und uns dem Willen Gottes überlassen."
Hebel nahm diese Züge aus Zeitungsberichten in seine
Darstellung herüber. Doch zeigt er, daß er sie verwendete, um
menschliches Mitgefühl zu wecken, indem er bei der Berechnung
des Schadens beifügt: "Das Leben eines Vaters oder einer Mutter
oder frommen Gemahls oder Kindes ist nicht mit Gold zu
schätzen." Daß er auch von der Schweiz in seinen Besprechungen
der Kriegsereignisse während der napoleonischen Zeit redet und
die Alliierten 1813 "über den Rhein in die Schweizer Neutralität
hinein rücken" läßt, ist selbstverständlich. Hübsch genug aber
drückt er sich aus im "Zustand von Europa im August 1810".
liebrich hebel in basel-096. |
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"Während der furchtbaren Kriegsstürme um und um stand die
Schweizer Eidgenossenschaft ruhig und fest wie ihre Berge, und
es ist ihr kein Verdruß, daß man nicht viel davon zu erzählen
hat." Der Name Basels und der Schweiz taucht schließlich
noch einmal auf in der "Fortgesetzten Erklärung der Zeittafel",
wo Hebel sich als echten Alemannen fühlt und unsere
Vorfahren nach Schaffhausen "an den Rheinfall in die Kirche
gehen läßt" oder in die dichtesten Wälder auf dem Belchen.
"Denn sie beteten unsichtbare Götter an, wenn nicht Sonne
oder Mond oder den Rhein". Und ihre Macht reichte einmal
von "Basel bis nach Mainz" und später war "Von Mainz
und Köln bis weit in die Schweiz hinauf bis nach Tirol und
Bayern hinein alles unser". Mit diesem Wort nennt Hebel
den Urgrund des Zusammengehörigkeitsgefühls, das ihn unsere
Stadt in seine dichterischen Welten einbeziehen läßt als einen
selbstverständlichen Teil des Ganzen. In diesem Sinne ist ihm
auch in Basel ein Denkmal gesetzt worden, das andeuten soll,
wie sehr er in seiner Geburtsstadt verstanden wird.
Bis zum Jahre 1815 dauerte die Periode der Kalendererzählungen.
Da wurde sie jäh abgebrochen. Im Hausfreund
1815 nämlich, der in einer Auflage von Vierzigtausend Exemplaren
gedruckt war, fand sich die Geschichte "Der fromme Rat".
Darin sah die katholische Geistlichkeit eine Verunglimpfung ihrer
religiösen Gefühle, die dem Dichter gänzlich fern lag. Der
Verkauf wurde verboten, und die Erzählung musste herausgenommen
werden. Das hat Hebel verstimmt. "In Zukunft
schreib ihn, wer will," äußerte er sich Haufe gegenüber. Und
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er blieb bei seinem Entschluß. Nur 1818 ergriff er in "Eine
Gerechtigkeit" das Wort, um seinen alten Schulmeister von
Hausen, Andreas Grether, in Schutz zu nehmen gegen Verunglimpfungen
durch eine Kalendergeschichte von 1817, in der
Grether als bösartiger Tyrann dargestellt war. 1819 erschien
jedoch der Kalender nochmals mit Erzählungen Hebels. Das
kam daher: Der Dichter Justinus Kerner hatte auf Wunsch seines
Bruders Karl, der württembergischer Minister des Innern war,
versucht, den "Hausfreund" zur Mitarbeit an einem württembergischen
Volkskalender zu gewinnen. Hebel aber trug Bedenken;
es sei schwer, "Nationalschriftsteller für ein Volk zu sein, das man
nicht als das seinige und so gut als das seinige kennt". Schließlich
sandte er doch eine größere Anzahl von Geschichten an Kerner.
Da aber dieser württembergische Volkskalender nicht zustande
kam, wurden die Hebelschen Erzählungen für den Rheinischen
Hausfreund 1819 verwendet.
Das Unternehmen Hebels, einen vollgültigen und konkurrenzfähigen
Kalender zu schaffen, war glänzend geglückt.
Schon 1809 hatte ihm Cotta den Vorschlag gemacht, alle Erzählungen
in einem Buche zu sammeln, und 1811 konnte
das "Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes" erscheinen,
das mit einigen Veränderungen und wenigen Auslassungen alle
Beiträge Hebels von 1803 —1811 vereinigte.
Wiederum war eine dichterische Welt abgeschlossen. Eine
reiche Tätigkeit in seinem Berufe nahm Hebel gänzlich in Anspruch.
Und diese Arbeit schlug über dem Dichter zusammen.
liebrich hebel in basel-100. |
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Ausklang.
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Im Frühjahr 1811 schrieb Hebel an Hitzig:
"Den ganzen Tag auf dem Catheder sitzen, ist ein Feiertagsleben,
ein Ostermontags-Späßlein, nach dem ich mich zurücksehne.
[Er war damals Direktor des Gymnasiums.] Aber daß
ich über den heillosen Mechanismus des ganzen wachen muß,
daß sich mein Museum, meine Proteuskapelle in eine Canzleistube
verwandelt hat, wo ich den ganzen Tag Berichte schreiben,
Buch und Rechnung führen, Red und Anworten geben, Akten
durchgehen, Süddeutsche Miscellen censiren, statt daran zu arbeiten,
examiniren, castigiren, Zeugnisse fertigen, mit allen Vätern
aller Kinder des Lyceums correspondieren muß, das lehrt mich
den Sinn des Wortes verstehen: "Ich sterbe täglich"... es
sind mir fast alle Freuden aus dem Geschäft entflohen und
viele sogar aus dem Leben, und so freut mich nur noch der
Dank, der mir für mein Märtyr und Martertum wird in
der Achtung und dem Wohlwollen des Publikums. Also gute
Nacht zweiter Teil der a. Gedichte." Hebel stand doch mitten
in der Kalenderzeit und konnte im Blick auf die Gedichte "in
gewissen Momenten inwendig in mir unbändig stolz werden
und mich bis zur Trunkenheit glücklich fühlen, daß es mir gelungen
ist, unsere sonst so verachtete und lächerlich gemachte
Sprache classisch zu machen und ihr eine solche Celebrität zu
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erringen. Sie wird auf den ersten Theatern, in Wien, München,
Carlsruhe in den Deklamatorien mit Beyfall gehört und
wandert mit Mad. Hendel nach Bremen, Hamburg und Petersburg".
Aber die Worte Hebels an seinen Freund sind Notschreie
des Dichters, der in den Gang des Alltags eingezwängt
ist. Seine Tüchtigkeit trug ihn allerdings von Stufe zu Stufe
bis zur höchsten Würde: Er wurde 1819 Prälat der evangelischen
Kirche, er erhielt die höchsten badischen Orden und wurde
1821 zum Ehrendoktor der Universität Heidelberg ernannt wegen
seiner erfolgreichen Bemühungen um die Vereinigung der lutherischen
und reformierten Kirche zur evangelisch-protestantischen
Kirche in Baden. Dieses Steigen jedoch konnte nur geschehen
auf Kosten des Dichters, und es ist vielleicht doch mehr als
ein geistreicher Spaß gewesen, daß schon 1805 ein Herr von
Liebenstein in Karlsruhe auf die Frage nach Hebels Befinden
erwiderte: "Der Kirchenrat hat den Hebel totgeschlagen." Trotzdem
konnte der Dichter im Alter noch eine Arbeit vollenden, die
gerade ihm am besten liegen mußte. Er schrieb die "Biblischen
Geschichten". Schon 1808 hatte er sie begonnen, aber erst zehn
Jahre später griff er sie wieder auf, 1824 erschienen sie
bei Cotta. Zum Gelingen trug Hebels religiöse Anschauung
wesentlich bei. Er kannte keine Intoleranz und hielt sich allen
dogmatischen Streitigkeiten fern; denn eine natürliche Frömmigkeit
lag in seinem innersten Wesen, und so konnte er Meinungen
anderer ruhig bestehen lassen. Über Jung Stilling z. B. schreibt
er an Hitzig, der ihm das Gutachten des Basler Antistes
Emanuel Merian aus dem Prozeß gegen Jungs "Theorie der
liebrich hebel in basel-103. |
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Geisterkunde" gesandt hatte: "Für das baslerische Gutachten
(nach dem Faktum) meinen Dank. Es macht dem alten Antistes
Ehre. Dir wird es ein Tröpfchen Balsam gewesen sein auf das
Haupt. Ich gestehe, daß ich von der schwarzen Frau im Jung
nie viel mehr gefürchtet habe, als von der weißen im Schloß."
Er sei mit Jung absolut nicht einverstanden. "Aber geehrt sei
er für den Heldenmuth, der lieber gegeißelt und verspottet und
mit Fäusten geschlagen und gekreuzigt werden will, eh' er der
Wahrheit (sei es auch nur der seinigen) untreu werden kann."
Im nämlichen Brief entwickelt Hebel eigene polytheistische Anschauungen
und fügt bei im Hinblick auf die Intoleranz unserer
Stadt: "Verrate mich dem Stand Basel nicht, wie wohl ich
nicht neben Stilling zu stehen hoffe." Als er 1824 seinen
Freunden in Straßburg für die freundliche Aufnahme der "Biblischen
Geschichten" dankte, mußte er sogar seiner eigenen, frommen
Mutter gegenüber eine Einschränkung machen. Er schrieb:
"Nach keiner Richtung hin hat mein Ohr nach einem Zeugnis
über die biblischen Geschichten mehr und sorglicher gelauscht als
über die Rheinbrücke, und fast möchte ich sagen, wenn Sie ein
Verdienstliches daran finden, daß ich das Verdienst Ihnen verdanke.
Denn immer, wenn ich schrieb, habe ich mir meinen
alten Schulmeister Andreas Grether in Hausen und mich und
meine Mitschüler unter dem Schatten seines Stabes, oder ich
habe mir eine Repräsentantin aller Mütter unter ihren Kindern
und immer die nemliche gedacht und uns, mich als Schulbüblein
mitgerechnet, um unser Urtheil gefragt. An die eigene Mutter
durfte ich nie denken, Hübner war zu sehr ihr unerreichtes
liebrich hebel in basel-104. |
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Höchstes." Denn Hübners "Biblische Historien und Fragen",
ein damals weitverbreitetes Buch, schienen ihm zu frömmelnd.
So konnte er dem biblischen Stoffe frei gegenübertreten, lange
Erfahrung als Volksschriftsteller stand ihm zu Gebote, und als
Dichter ging er ans Werk. "Ich fange," meint er im Brief an
Haufe 1818, "wie ich sehe, ganz heilig und catholisch an und
bin es auch. Denn ich schreibe wirklich eine heilige Geschichte
für die Kinder... und lebe am Berg Tabor, unter den Palmen
von Jericho, am Brunnen Jacobo, am heiligen Grab... Es
ist mir jede Stunde der freien Zeit und frommen Geistesstimmung
dazu theuer, absonderlich die heilige Zeit; wenn die
Festglocken läuten und nachklingen und die Spätzlein ans Fenster
kommen."
Da entstanden denn die biblischen Geschichten als Ausklang
einer dichterischen Tätigkeit und gewissermaßen als Rückkehr
in die Jugendzeit, die so bestimmend auf das ganze Leben eingewirkt
und immer mit verklärtem Schein über aller Mühe
und Arbeit gestanden hatte. Denn es sind Oberländer Kinder;
denen Hebel erzählt. Wie ein Nachtönen der alemannischen
Gedichte ist es, wenn er in der Schöpfungsgeschichte sagt: "Es
flogen Vögel in der Luft herum und kamen immer mehr und
setzten sich auf die Zweige der Bäume... Der Falter flatterte
um die schönen Blumen. Das Lamm hüpfte und weidete auf
den Auen." "Adam schaute mit kindlicher Freude in die schöne,
neue Schöpfung hinein. Gott führte ihm die Tiere zu, und er
gab ihnen Namen und freute sich mit ihnen, aber er konnte nicht
mit ihnen reden. Sie verstanden ihn nicht, und als er alle gesehen
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hatte, seufzte er, daß er doch allein sei" Oder: "In
welchem Palast oder Kirchlein wird der Sohn der Maria geboren
werden? Wer wird ihm von Cedernholz die Wiege verfertigen
und mit goldenem Blumenwerk schmücken?" In Oberländer
Sprache redet er, wenn er sagt, daß die Philister die Leichname
Sauls und seines Sohnes nahmen und "henkten sie außenwendig
an eine ihrer Stadtmauern", oder daß Joas, der Königssohn,
"sozusagen bei dem lieben Gott in Kost und Pflege" war,
und daß Samuel "gleichsam geistlich studiert" hat. Hebel füllte
die Lücken der biblischen Begebenheiten durch Einzelheiten aus
dem täglichen Leben und machte so die Vorgänge handgreiflich.
Doch nicht nur für Kinder gedachte er zu schreiben. Als Gustave
Fecht die biblischen Geschichten, die ihr der Dichter gesandt hatte
"für ein frommes Patenkind oder lieber für ein recht böses,
wenn sie mit solchen versehen sind, damit es daraus lerne fromm
werden und ihnen Freude machen", auch an Erwachsene verschenkte,
da dankte er ihr dafür: "Sie haben die biblischen Geschichten
recht gut ausgeteilt, es war immer mein Wunsch und
mein Bestreben, daß sie auch für Erwachsene gut seien und den
Kindern nicht nur in der Schule, sondern auch so lange sie
leben, wert bleiben möge. Ihre Austeilung an Herrn Stephan
[den Pfarrknecht] usw. gibt mir das Zeugnis, daß ich nach
Ihrem Urteil meinen Wunsch nicht verfehlt habe."
Die biblischen Geschichten waren ein letzter Gruß an die
Heimat. Das Wiesental war durch den Tod zahlreicher Freunde
und Bekannter immer weiter von ihm weggeglitten. 1812 hatte
er es zum letztenmal gesehen. Aber es blieb für ihn das Paradies
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"voll Schmelen und Chettenblumen, lustigen Bächlein und
Sommervögel, wo es immer duftet, wie aus einem unsichtbaren
Tempel heraus, und immer tönt, wie letzte Klänge ausgelüttener
Festtagsglocken mit beginnenden Praeludien mengeliert und verschmolzen,
und wo jeder Vogel oberländisch pfeift, und jeder,
selbst der schlechteste Spatz, ein Pfarrer und heiliger Evangelist
ist, und jeder Sommervogel ein gemutztes Chorbüblein, und das
Weihwasser träufelt unaufhörlich und glitzert an jedem Halm".
Und so, wie sich das Oberland immer mehr in seinem Geiste
verklärte, trat ihm auch Basel immer näher. In seinen Briefen
wandelt sich die Stadt um zur Heimat. Früher war sie für
ihn in den Briefen an Hitzig und Gustave einfach "die Stadt"
wie in den Gedichten, der natürliche Verkehrsmittelpunkt, wo
man einkauft, was eben draußen im Lande nicht zu haben ist.
1792 malt er sich aus, wie sich die Jungfer Gustave überlegt,
ob sie "auf der Baseler Messe auch so einen schönen Hut kaufen
soll wie die Frau Speziälin einen von Carlsruhe mitgebracht
hat". Oder er begleitet sie in Gedanken, "nota bene Sie voraus
und ich hinten nach, wenn Sie nach Basel kommen, und trage
Ihnen, was Sie einkaufen, zur Jungfer Dienastin [Barbara
Dienast an der Schwanengasse] oder bis nach Weil, wenn
Sie wollen". Dann wieder erwähnt er Basel, um Gustave die
Lage von Bingen klar zu machen: "Bingen liegt wie Basel, nur
näher und kleiner, die Nahe ist die Wiese, der Rhein ist der
Rhein, da und dort unten am Berg liegt Rüdesheim wie Weil
und Tüllingen." Als im Herbst 1796 bei Hüningen die Schiffsbrücke
geschlagen wurde, meinte er: "Daß eine Brücke gebaut
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wird, wird vielen Leuten nicht unangenehm sein. Ich hab mich
immer über den Umweg über Basel geärgert." Die Verstimmung
über die Stadt wegen der Ablehnung der alemannischen
Gedichte ist bereits erwähnt worden. Aber doch muß für Hebel
der Aufenthalt in Basel einen besonderen Reiz behalten haben.
Als er 1805 Straßburg besuchte, schrieb er: "Ich wähnte, wenn
ich allein und in Gedanken war, immer in Basel zu sein." Und
als ihm einst ein Kätzlein zulief, versprach er ihm: "Wenn du
säuberlich bist und nicht viel schreist und schön wirst, so darfst
du einmal mit ins Oberland, nach Weil und nach Basel zum
Herrn Geymüller am Schlüsselberg." Andreas Geymüller war
Stubenverwalter der Schlüsselzunft. Hinweise auf Persönlichkeiten
in Basel machte der Dichter auch im Brief an Gyßer:
"Der Heer Erasmus selig, wo au e Rung z'Basel gsi isch,
het emol gseit: e Spazierfahrt uff'm Land seig am lieblichste,
wemmen au Wasser vor den Auge seh; und uff'm Wasser;
wennme 's Land in der Nöchi heig, und so seigs uns au mit der
Brosa und mit de Rime... Allmig in der Schuel denk i au so
Narreposse, wenn d'Heere meine, i seig gar grüseli flißig bi
mine Schülere. Mini gnädige Heere im chleine Roth selig
z'Basel henn allmig au gmeint, der Rothschriber Iseli schrib
gar sölli flötig am Brotokoll. Nei bi Gott, an sine Ephemeride
der Menschheit het er gschribe, und het d'Here lo schwätze."
Der in seiner Zeit wohlbekannte Professor Werner Lachenal
in Basel, der Neue Vorstadt 270 im Doktorengarten wohnte,
wird in einer poetischen Epistel an Zenoides erwähnt. Es handelt
sich darum, ob Zenoides nach Tüllingen versetzt werden könne.
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Hebel belustigt sich über die lange Nase des Pfarrers Friesenegger
in Brombach und malt sich aus, was diese täte, wenn
Friesenegger nach Tüllingen "auf die Vorpostwache" käme:
Seine lange Nase
hätte Herrn Lachenal über den Rhein
durch eine zerklitterte Scheibe hinein
weg von des Tabaks Vase
den schweren, bleiernen Deckel gelupft
Und 's letzte Stäublein heraus geschnupft.
Mit allgegenwärtiger Nase
hätt er das Birsthal hinauf im Grase
die Veilchen und Primeln aufgeschürft,
ihres jungen, blühenden Lebens
balsamischen Athem weggeschlürft.
Wie man in der Fremde die Spezialitäten der Heimat anpreist
und einführt, so bestellte Hebel 1807 Leckerli bei Gustave
Fecht. Er bittet "um ein Pfund kleiner Basler Lebkuchen von
guter Sorte nebst Rechnung dafür". "Es ist eine Bestellung.
Vielleicht verlangt man nicht so viel. Aber wer steht mir dafür,
daß ich nicht die halben fresse, ehe ich die übrigen abgebe."
Sein Basel hielt Hebel eben immer hoch. Als ihn Jakob
Grimm 1814 besuchte, gab er ihm Empfehlungen nach Basel
mit. Grimm wohnte dann bei seinem hiesigen Aufenthalt in
der St. Johannvorstadt Nr. 30 bei der Familie Ryhiner-Iselin.
Sowie aber Hebel schweizerische Sprache vernahm, war's ihm,
er müsse sich heranmachen. Er war auf dem Tobel, einem hohen
Berg hinter Frauenalb mit einem württembergischen Pfarrdorf.
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Kaum war er eine Stunde oben, erblickte er einen feinen Herrn
mit einem Glas am Auge und hinter ihm eine feine Dame.
Franz, was hesch güggelet?" fragte sie. "Numine do no der
Amsle hani gluegt," anwortete der Herr. Obgleich der Vogel
eine Wachtel war, dachte Hebel: "Landsleute seid ihr nicht, aber
Schweizer gewiß und nahezu Berner." Er trat hinzu, und der
Fremde war ein Herr von Steiger, Neffe des Schultheißen von
Bern, und der Dichter unterhielt sich sehr angenehm mit ihm.
Je älter Hebel wurde, desto mehr machte er sich mit
dem Gedanken vertraut, den Rest seiner Tage in einer Stadt
zu verbringen. Er dachte sich darunter etwa Straßburg, Mannheim,
namentlich jedoch Basel und lachte lange über seine Freunde,
wenn sie meinten, er könne sich nimmer an das Leben auf dem
Lande gewöhnen. Aber mit der Zeit kam's ihm selber so vor.
Darum stand Basel in ganz neuer Beleuchtung wieder vor ihm.
Er sehnte sich danach und redete von der Stadt, wo er nur konnte.
Schon 1806, als Oberst Kolb von Basel in Karlsruhe weilte,
berichtete der Dichter: "Letzterer ist mir ein gar lieber Mann.
Wie oft sprechen wir von Basel, von der alten und neuen Zeit,
von Weil und vom Wiesenthal."
Die beiden Männer hatten viel "von der alten Zeit" zu
reden. Denn "anno sechsenünzgi, wo der Franzos so uding
gschosse het", als nämlich die Franzosen unter Moreau sich
vor den österreichischen Truppen durch den Schwarzwald an den
Rhein zurückziehen mußten, befand sich Hebel gerade in Lörrach
und floh mit vielen Wiesentälern nach Riehen. Damals war
Kolb, ein Bruder der Frau Miville-Kolb, Kommandant der
liebrich hebel in basel-110. |
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baslerischen Vorposten, welche die Grenze besetzt hielten. Einige
Monate später war dann der Oberst von den Franzosen beschuldigt
worden, die Österreicher beim Angriff auf Hüningen insgeheim
unterstützt zu haben, und ward in einen bösen Prozeß
verwickelt. Da gab es jedenfalls viel zu berichten, und Hebel
konnte manches aus Basel erfahren, was er noch nicht wußte.
Der Wunsch aber, im Oberland zu sein, wurde immer stärker:
"O Zenoides und Taube sein
könnt ich nur immer bey euch seyn,
wenn die Frühlingslüftlein wehen,
alte Freuden auferwecken
aus den Gräbern, die sie decken,
und mit neuen sie umwinden
auf dem Platz mit Duft und Linden,
Öchslein bei der Wiese kaufen,
eines Gangs nach Basel laufen,
Schöpplein trinken, Pfeiflein rauchen
und ins Land des [Proteus] tauchen.
Fast wäre so etwas Wirklichkeit geworden, es fehlte nur
am Glück in der Lotterie, in welche Hebel nach eigenem Geständnis
jedes Jahr setzte. Der Brief an Gustave Fecht vom 26. August
1812 spricht davon. "Wer dem Glück kein Handgeld gibt,
bei dem nimmt's keine Dienste. Bekanntlich wird der Goldbrunnen
im Röserental, Kanton Basel, Bezirk Liestal, 24 000
Franken wert, ausgespielt, das Los zu 6 Franken. Ein Los habe
ich schon, aber ich möchte auch gerne eins mit Ihnen haben in
die Hälfte und lieber das Gut gemeinschaftlich gewinnen als
allein. Also wollen wir miteinander dupfen, wenn's Ihnen recht
liebrich hebel in basel-111. |
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ist, nicht wahr? Und Sie kaufen das Los droben auf beiderseitige
Rechnung, die J[ungfer] G[ustave] soll das Los ziehen,
und die Frau Vögtin soll beten, und der Herr Vogt soll's besieben
mit Sympathie. Oder ich will auch nur
1/3 oder
1/4 daran
nehmen, wie Sie wollen. Sell isch mer ei tue! Wir setzen alsdann
ein[en Lehensmann]drauf und gehen im Sommer aufs Land
und auf unsere Güter, sind wie die gnädigen Herren, wie der
Landvogt Fäsch und der Herr Gemuseus oder der Herr Kandidat
vor dem Riehemer Tor. Es läßt sich nicht spassen — Handumkehr
wird's eben doch so sein und nicht anders." Es wurde
allerdings doch anders. Aber das Heimweh nach Basel blieb.
Es bricht hervor, je näher der Gedanke an die Altersruhe kam.
Da schreibt er am 30. Oktober 1823: "Wenn nur das große
Los käme, daß ich mir in Hausen ein Häuslein neben dem
Jobelli Friderli bauen und alle Wochen einmal mit meinen
Schimmeln, die ich aber noch nicht habe, nach Weil fahren
könnte. Im Winter wohnte ich in Basel an dem Sanhans [?],
damit ich immer hinüber schauen könnte, und käme alle
Tage wie der alte Knab im Schaf. Solche Exemplare sollten
nicht ausgehen." Und noch einmal sonnt er sich im Gedanken,
in Basel zu sein, am 18. Dezember 1824. "In
noch 5 Jahren bin ich 70. Alsdann bitte ich um einen Ruhegehalt
und komme heim. Ich bin bekanntlich in Basel daheim,
vor dem Sandehansemer Schwiebogen das zweite Haus.
Selbiges Häuslein kaufe ich alsdann um ein paar Gulden —
aber ich bin kein Burger, also miete ich es und gehe alle Morgen,
wie es alten Leuten geziemt; in die Kirchen, in die Betstunden
liebrich hebel in basel-112. |
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und schreibe fromme Büchlein, Traktätlein, und nachmittags nach
Weil wie der alte Stickelberger im Schaf."
So wurde Basel in Hebels Gedankenwelt die Heimat.
Es ist dabei nicht ohne Bedeutung, zu wissen, wer die
Persönlichkeiten sind, die sich der Dichter zum Vorbild einer
behäbigen Altersruhe auswählte. Der "Landvogt Fäsch" war
Lukas Fäsch, 1772 bis 1792 Landvogt zu Riehen. Er wohnte
aber nur während des Sommers im dortigen Landvogteihaus.
im Winter zog er sich in sein Haus beim Klingental in Kleinbasel
zurück. Der "Herr Gemuseus" mag wohl Hieronymus
Gemuseus, der Präsident des Stadtrates gewesen sein. Das
Gemuseussche Gut lag an der Hiltalingerstraße, es ist der
jetzige Clavelsche Besitz. Der "Kandidat vor dem Riehemer
Tor" war der nachmalige Pfarrer zu St. Martin, Theodor
Falkeisen. Sein Gut lag unmittelbar vor dem Riehentor; das
jetzt noch stehende Wettsteinhäuschen war nebst einem großen,
viereckigen Wasserbassin seine besondere Zierde. Falkeisen lud
in der schönen Jahreszeit wöchentlich die gesamte Basler Geistlichkeit
zu sich in den Garten, um den Genuß des Besitzes
mit seinen Amtsbrüdern zu teilen.
Der "alte Knab im Schaf" aber war der wohlhabende Küfer
und Besitzer des Ramsach, Johann Rudolf Stickelberger, ein weit
über die Stadtgrenze bekanntes Original. Er wohnte in dem stattlichen
Haus zum Schaf an der Rebgasse und unternahm jahraus,
jahrein jeden Nachmittag präzis ein Uhr eine Wanderung nach
Weil, um dort ein Schöpplein Markgräfler zu trinken. Er war
es auch, der sich, ohne spaßhaft zu meinen, durch den Maler
liebrich hebel in basel-112a. |
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liebrich hebel in basel-113. |
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Neustück ein Doppelbildnis seines Leichenbegängnisses malen ließ.
Links war das Begräbnis dargestellt, rechts aber der Grabhügel,
auf dem die Erben einen Ringelreigen tanzten. Weil Stickelberger
als Mann, der alles genau nahm, streng darauf hielt,
daß alle Bildnisse bis ins einzelne wohlgetroffen waren, so war's
jedesmal ein frohes Ereignis, wenn im Hause eines Anverwandten
der Maler vorsprach, um für den Tanz ein Porträt
aufzunehmen. Man war dann sicher, von Stickelberger im
Testament bedacht worden zu sein.
So wie dieser Mann wollte Hebel in geruhsamer Pünktlichkeit
seinen Gang tun ins Wiesental und zurück.
Aber er erreichte das 70. Jahr nicht. Seine Arbeit wurde
ihm immer drückender, obschon er langsam entlastet wurde.
Er meinte dennoch 1823: "Mit mir geht es immer im alten
fort. Nämlich daß es eben nimmer ist wie allmig, wo ich mit
leichtem Fuß vom Belchen herabsprang und in Wisleth beim
Bläsi Schaffner ein Schöpplein trank. Zwar mit dem Schöpplein
trinken geht es noch..., aber das springen habe ich verlernt."
Er wurde müde. "Manchmal hätte man es doch gern ein wenig
anderst z. B. daß sich nicht erst mit dem zunehmenden Alter
die Geschäfte, die Sorgen und die bösen Launen mehren sollten.
Mir widerfahren diese Zulagen zu den Jahren reichlich." Er begann
sich einsam zu fühlen. "Es ist kein Trost dabei, lange zu
leben. Man wandelt gleichsam auf einem Gottesacker." Wie
eine Auffrischung wirkte es auf ihn, als er im letzten Lebensjahr
den Sohn seiner Straßburger Freunde, Oswald Haufe, zu sich
nahm, um ihn "spartanisch zu erziehen". Das Ziel erreichte er
liebrich hebel in basel-114. |
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er nicht. Als er im September 1826 zur Schulprüfung nach
Mannheim reiste, fühlte er sich krank. Noch konnte er die
Huldigungen entgegennehmen, die ihm die Schüler des dortigen
Lyceums auf einer Rheinfahrt darbrachten. Doch es kam ihm
vor, als ob er auf dem Styx führe und die Fußgänger am
Ufer Schatten wären, die einsteigen wollten, aber von Charon
nicht zugelassen würden. Heidelberg, den nächsten Prüfungsort,
sah er nicht mehr. In Schwetzingen mußte er sich im Hause
des Garteninspektors Johann Michael Zeyher krank niederlegen.
22. September 1826 starb er dort, und es ist eine seltsame
Fügung, daß die "Stadt" mit allen Erinnerungen bei seinem
Sterbenslager auftauchte. Zeyher nämlich war viele Jahre in
Basel gewesen. Er stand 1792 als Gärtner im Kirschgarten an
der St. Elisabethenstraße in Diensten, dann wurde er botanischer
Gärtner und Hofgärtner im markgräfischen Hof. Viele schöne
Anlagen in Basel und in der Schweiz stammten von ihm.
1794 verheiratete er sich mit Magdalena Petersen, der Tochter
des Basler Stadtgärtners Nicolaus Petersen. Freude an der
Botanik und gemeinsame Basler Erlebnisse haben Zeyher und
Hebel verbunden, und der Garteninspektor hat nachher dem
Dichter den Grabstein setzen lassen und seine letzte Ruhestätte
gepflegt.
liebrich hebel in basel-115. |
|
So begleitete Basel Johann Peter Hebel das ganze Leben hindurch.
Die Eindrücke der Kinder- und Jünglingsjahre
erloschen nicht und wirkten schöpferisch mit bei allem, was der
Dichter tat und schrieb. Die eigenartige Fähigkeit der alten
Stadtkulter, Fremdes anzuziehen und sich anzugleichen, zeigt sich
deutlich. Ist es nicht, als ob von einem Basler gesprochen
würde, wenn Frau Sophie Haufe in ihren Erinnerungen erzählt,
Trommeln und Pfeifen sei Hebels Lieblingsmusik gewesen,
oder wenn sie zu berichten weiß: "Er streifte gern
allein in der Stadt [Straßburg] und in den Gäßchen umher,
in welchen er den nämlichen Geruch wie in Basel entdeckte
und sich darüber freute?" Man denkt unwillkürlich an Dominik
Müllers
Ich freue mich, Basel wieder zu sehen,
den Spalenberg auf und abzugehen.
Auch der Zug, die Stadt und ihre Bewohner als zwei gesonderte
Dinge zu betrachten, weckt den Vergleich mit Dominik
Müller, der diese baslerische Eigentümlichkeit am ausgeprägtesten
offenbart: er spottet über seine Mitbürger und fühlt sich mit der
Stadt doch so innig verwachsen.
Hebel steht auch, wie der Basler überhaupt, unter dem
tiefen Eindruck des Totentanzes, des Kreuzganges hinter dem
liebrich hebel in basel-116. |
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Münster und damit auch unter dem eines kommenden Jenseits.
Das ist nicht Frömmelei, es ist ein Stück der Weltanschauung,
welche baslerische Geschichte und Umwelt unfehlbar mitteilen
müssen. Der Rhein mit der Pfalz und dem Münster, der Geist,
der in Gassen und Häusern daheim ist, sammelt mit starken
Kräften alles in sich und führt, trotz zeitweiligem Widerstreben,
das Innere über die Alltäglichkeit hinaus. Der Wirkung dieser
Heimat konnte sich Hebel, der Nichtbasler, nicht entziehen, sie
war mit ihm und gab ihm vieles.
Aber Basel empfing auch. Hundert Jahre sind seit Hebels
Tod vergangen. Diese Zeit bedeutet für die Stadt ein immer
engeres Verwachsen mit dem Dichter. Sie nahm ihn in sich
auf, ihn, der nicht der Ihrige war. Daß es ein Hebeldenkmal,
eine Hebelstraße, eine Hebelstiftung gibt, ist nur ein
äußeres Zeichen dafür. So wie die Stadt in den alemannischen
Gedichten der Maßstab für Reichtum und irdische
Größe ist, so ist die Poesie Hebels für uns Maßstab
der Dialektdichtung geworden. K. R. Hagenbach, Theodor
Meyer-Merian, Jakob Probst, Emma Kron, Elisabeth Hetzel
und andere bezeichnen die gewichtige Einwirkung auf baslerisches
Empfinden. Sie alle bewegen sich ganz in Hebelschen Bahnen.
Das aber genügt auf die Dauer nicht. Schon Jakob Burckhardt
hat als erster dem Schweizerdeutsch lyrische Töne abgewonnen,
die das gebildetste Ohr und den feinsten Geschmack
ansprechen. Auch das Werk Dominik Müllers bedeutet einen
Schritt in heimatliches Neuland, das Hebels Dichtung vorbereitet
hat für die Zukunft. So gilt doch nur bedingt, was
liebrich hebel in basel-117. |
|
am Anfang gesagt wurde, in die Dichtungen Hebels sich vertiefen,
bedeute einen Rückblick tun. Es bedeutet vielmehr für
uns auch in die Gegenwart und weiter vorwärts sehen. Denn
Hebel ist ein Anfang, er hat Quellen fließen machen, die
Fruchtbarkeit wecken können. Und schon heißt es: Ein bedeutender
Dichter müßte imstande sein, unserer Mundart starken, ernsten
Vollklang zu entlocken. Aus dem Wiesental heraus tönt er
bereits bei Hermann Burte. Was aber Hebel, den Wecker
solcher Töne, immer hochhalten wird, ist die Feinheit und
Zartheit, mit denen er Sprache und Seele klingen läßt.
liebrich hebel in basel-119. |
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Anmerkungen.
Zum Bildnis: Das Original des beigegebenen Porträts ist
eine mit weißer Kreide aufgehöhte Bleistiftzeichnung auf hellbraunem
Papier in den Maßen von 40 Zentimeter Höhe
zu 30 Zentimeter Breite. Der Künstler, der Karlsruher
Hofmaler Fedor Iwanowitsch war von Geburt ein Kalmücke,
der laut einer Notiz im Stuttgarter Morgenblatt
vom 7. Oktober 1815, "vom Kaiser von Rußland der
Markgräfin Amalie als Leibeigener geschenkt worden, hier
natürlich der Freiheit und seinem Hange gemäß der Erziehung
zum Zeichner und Maler genossen, als solcher in
Italien und Deutschland sich einen recht hübschen Namen
erworben hatte, halb deutsch, halb kalmückisch sich kleidete
und die Unausgeglichenheiten seines Wesens durch reichlichen
Genuß von Markgräfler auszugleichen suchte". Das Hebelbildnis
hat er geschaffen für einen gemeinsamen Freund, den
in Karlsruhe geborenen und dort einige Monate vor Hebel
selber gestorbenen Architekten und "Baudirektor" Joh. Jak.
Friedr. Weinbrenner. In Weinbrenners Familie erbte sich
das Bildnis weiter und wurde auch durch die Stürme der
badischen Revolution durchgerettet, bis dann im Jahre
1921 mit Unterstützung des Quodlibets, der Öffentlichen
Bibliothek und einiger Hebelfreunde vom Basler Freiwilligen
liebrich hebel in basel-120. |
|
Museumsverein angekauft wurde und jetzt das Katalogzimmer
der Basler Öffentlichen Bibliothek schmückt.
(Freundl. Mitteilung von Herrn Dr. W. Alwegg.)
Z 'Basel an mym Rhy.
Zu Seite 9/10: Lörrach, Schopfheim, Hausen, Weil] C. W.
F. L. Stocker, Schematismus der evangelischprotestantischen
Kirche im Großherzogtum Baden.
Hauingen] C. Mennicke, Aus der Geschichte von Hauingen,
im "Evangelischen Kirchenboten für Brombach und Hauingen".
Nr. 3/4 März/April 1925.
Johann Jakob Iselin, der Güterfuhrmann] Akten der Herrschaft
Rötteln. Ausl. — Basel. Bausachen fasc. 1345. Generallandesarchiv
Karlsruhe.
Pflegrechnung] von Pfleger Wahrer 28. Okt. 1777. Badisches
Generallandesarchiv Karlsruhe.
Zu Seite 11. Karl Friedrich Drollinger] Wackernagel, Wilh.
Abhandlungen zur deutschen Literaturgeschichte. (Kleine Schriften,
Bd. 2.)
Johann Jakob Spreng, Basler Deutsche Gesellschaft] Adolf
Socin. Johann Jakob Spreng. Ein baslerischer Gelehrter
und Dichter aus dem 18. Jahrhundert Basler Jahrbuch 1893.
Brunnenbeyfang] A. Geßler, Hebelhaus und Hebeldenkmal,
Basler Jahrbuch 1901.
Zu Seite 14: Major Iselin] Über Iselin berichten die Hebelbiographien
viele Unrichtigkeiten. Er wird in allen Schattierungen
als Haudegen unter allen möglichen Fahnen Europas
abgewandelt. Deshalb mögen hier die Daten seiner Laufbahn
festgehalten werden. Johann Jakob Iselin, geb. 1704, war
zum Kaufmann bestimmt; Seine Neigung zog ihn zur militärischen
liebrich hebel in basel-121. |
|
Laufbahn. 1718 begab er sich unter die Kompagnie
Kremer (nachgehend Grand Villar) in französische Dienste.
1719 wurde er bei der Kompagnie Fesch im Regiment d 'Affry
als Kadett angenommen. 1722 wurde er Fähnrich bei der
Kompagnie Frey im Regiment Brendle, 1729 Unterlieutenant,
1731 Major im gleichen Regiment, das 1733 Regiment
Seedorf, 1762 Regiment Boccard hieß. Mit diesem machte
er alle Feldzüge und Belagerungen jener Zeit mit. 1738
wurde er Capitain-Commandant im Regiment Seedorf, 1754
Oberst-Lieutenant. In den Jahren 1758 —1760 diente er
während der Feldzüge mit Auszeichnung als Brigademajor
maior de brigade sodaß er 1760 zum Oberst befördert
wurde. Ferner ehrte ihn der König Ludwig XV. durch die
Ernennung zum "chevalier de mérite militaire". 1763, bei
einer Neubildung des Regiments, ging seine Kompagnie über
an seinen Sohn, er selbst erhielt 1764 den Rang eines
"brigadier des armées du Roi". Er zog sich mit einer
jährlichen Pension von 3000 Livres vom Regiment zurück
und suchte seine Vaterstadt wieder auf, wo er schon früher,
im Jahr 1748, Sechser der Zunft zu Gartnern und Mitglied
des Großen Rates geworden war. Er starb am
22. Juni 1772 und wurde zu St. Peter begraben. (Siehe
"Heinrich Iselin von Rosenfeld und sein Geschlecht". Zusammengestellt
und bearbeitet von Friedr. Weyß-Frey.)
Frau Susanna Iselin-Ryhiner 1702 —1778, war eine Tochter
des Großrats Heinrich Ryhiner und der Ursula Socin (Tochter
des Bürgermeisters). Sie wurde wie ihr Mann, im Kreuzgang
zu St. Peter begraben. A. Geßler. Hebelhaus und
Hebeldenkmal. Basler Jahrbuch 1901.
Zu Seite 15: Jakob Blühler von Diegten]Niederlassungsakten
des Basler Staatsarchivs. Aufenthalterrodel 1757.
liebrich hebel in basel-122. |
|
Zu Seite 15 /16: Rechenbuch und Notizbuch Johann Jakob
Hebels] Hebelpapiere des Großherzoglichen Fideikommisses.
Badische Landesbibliothek Karlsruhe H. 82 und H. 81.
Gesangbuch und "Psalmen Gezang-Book"] Aufbewahrt in
Hausen.
Zu Seite 17: "Kistchen mit coquilles"] Ausgabenverzeichnis
im Notizbuch Johann Jakob Hebels.
Trauung in Hauingen] fand statt am 30. Juli 1759 laut
Kirchenbuch von Hauingen. Johann Jakob Hebel wird dort
genannt des weyl. Joh. Nicolai Hebels, Burgers [von Simmern]
und Leinewebers, ehel. lediger Sohn gleiches Handwerks".
Daraus geht hervor, daß er nicht Hufschmied oder Gärtner,
wie Bierlingers Alemannia 1. Jahrgang 1873 angibt.
Basler Ehegerichtsordnung] vom 13. September 1717, Art.
8. Freundl. Mitteilung von Herrn Dr. P. Roth, Assistent
des Staatsarchivars.
Hebel an Pfarrer Tobias Günttert in Weil] Wilhelm Zentner.
Johann Peter Hebels Werke Bd. l. Anm. auf S. 234.
Zu Seite 18: Hochzeit gerichtet durch Frau Major Iselin]
Vermutung von Pfarrer L. Dorn in "Festrede bei der hundertsten
Geburtstagsfeier für Johann Peter Hebel am 10. Mai
1760 gehalten in Hausen". (Basel, Schweighauser 1860.)
Bad Hauingen] C. Mennicke: Aus der Geschichte von Hauingen.
Friesenegger] Jak. Christoph 1748 —1759 Pfarrer in Hausen,
von 1759 an in Hauingen. C. W. F. L. Stocker, Schematismus
der evang.-protest. Kirche in Baden.
Zu Seite 19: Geburt Hebels am 10. Mai 1760] Taufregister
von St. Peter.
liebrich hebel in basel-123. |
|
Gründe gegen den Brunnenbeyfang] A. Geßler. Hebelhaus
und Hebeldenkmal. Basler Jahrbuch 1901.
Tradition der Familie Kraus] ebenda.
Gartenhaus der Faeschischen Liegenschaft] ebenda.
Zweifel gegen Hebels Geburtshaus] F. A. Stocker. "Basler
Stadtbilder". Das Hebelhaus. Dort wird auch nachgewiesen,
daß Major Iselin nicht in der Faeschischen Liegenschaft Petersplatz
14 gewohnt hat.
Brief an Hitzig 20. August 1815] Dieser lag Becker 1860
bei der Veröffentlichung der Briefe an Zenoides in der
"Festgabe" nicht vor. Er erscheint demnächst, wie alle hier
als "unveröffentlicht" bezeichnete Briefe in "Briefe von
J. P. Hebel. Eine Nachlese" herausgegeben von K. Obser.
Das "zweite Haus vor dem Schwiebogen"]Brief an Gustave
Fecht vom 6. Jenner 1825. Becker liest in der "Festgabe"
1860 "vor dem Schwiebogen". Zentner in der Gesamtausgabe
der Briefe der G. F. "von Bem Schwiebogen".
Zu Seite 20: "im Winter in Basel] An Gustave Fecht
30. Oktober 1823.
Selig Platters Häuserverzeichnis] A. Geßler. Eine Wanderung
durch Basel im 17. Jahrhundert. Basler Jahrbuch
1897, und F. A. Stocker "Basler Stadtbilder", Die
St. Johannvorstadt.
Numerierung von 1798] Freundliche Mitteilung von
K. Stehlin.
Nr. 14 und heute Nr. 78, eine Scheune] ebenso.
St. Johannvorstadt 89, heute Totentanz 21 ebenso.
Zu Seite 21 Taufpaten] Taufregister von St. Peter.
Nicolaus Riedmann, 1760 Besitzer von St. Johannvorstadt
89] Freundliche Mitteilung von Dr. K. Stehlin.
liebrich hebel in basel-124. |
|
Zu Seite 22: Taufe der Susanna Hebel zu St. Theodor]
Taufregister zu St. Theodor.
Er lebte "etwa noch acht Tage" und Tod der kleinen Susanna]
Kirchenbuch von Hausen.
3. Klasse des Gymnasiums] Erziehungsakten des Basler
Staatsarchivs Nr. 5. Gymnasium. Collocationstabellen
1766 —1777.
Schule zu St. Peter] In den Verlassenschaftsakten Hebels,
Generallandesarchiv Karlsruhe, befindet sich auf einem vom
Dichter eigenhändig geschriebenen Zettel u. a. die Notiz: "Unterrichtet
in der lat. Schule zu St. Peter in Basel, dito in
Schopfheim, Gymnasium in Carlsruhe 1774". Der Hinweis
auf eine lateinische Schule zu St. Peter muß ein Irrtum
Hebels sein. Die "Gemeindeschule zu St. Peter" hatte zwei
Klassen, in denen die Schüler Schreiben, Rechnen und Lesen
lernten. Tüchtigen und älteren Schülern, welche bald in
das Gymnasium auf Burg zu gehen verlangten, wurden die
Anfangsgründe des Lateins beigebracht. (Staatsarchiv Basel.
Kirchenarchiv KK 11. Schule zu St. Peter 1691 —1857.)
Hebel scheint also die Schule zu St. Peter besucht und dort
mit dem Latein begonnen zu haben. Das muß in den Jahren
1766 —1768 gewesen sein. Das Gymnasium vergaß er zu
erwähnen. Schülerverzeichnisse der Gemeindeschulen gibt es
nicht.
Zu Seite 24: Frau Meville] Albert Geßler. Basel in den
Werken Johann Peter Hebels. Basler Jahrbuch 1899.
Zu Seite 27: "Wie man zum Kaffee Cichorien tut] Kalenderbeitrag
"Eine Gerechtigkeit". Hausfreund 1818.
"ein Herr Kandidat"] Prof. D. Burckhardt-Werthemann
im Schweizer Volksboten-Kalender 1917.
liebrich hebel in basel-125. |
|
Zu Seite 29: Scholer, Karikatur von Feyerabend] F. Beckers
"Festgabe" 1860.
Zu Seite 30: Almanach des Proteus] Beilage zu den Briefen
an Zenoides. Badische Landesbibliothek Karlsruhe.
Zu Seite 31: Familienüberlieferung] Mündliche Mitteilung von
Dr. A. Huber, Staatsarchivar.
"'s Seilers Rädli" im Stadtgraben] Paul Barth. Basler
Skizzen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Neujahrsblatt
1915.
Zu Seite 32: Graveur Hueber] Laut "Basler Handlungsschema
oder Verzeichnis aller in Basel befindlichen Kaufleute
usw. 1808" wohnte ein Friedrich Huber, Graveur,
Schwarzen Pfahl 222.
Hausen-Schopfheimer Mundart durch den Basler Dialekt
modifiziert] Ed. Hoffmann-Krayer. Bücherbesprechung von
J. P. Hebels alemannischen Gedichten. Herausgegeben von
Otto Heilig im Archiv für Volkskunde Bd. VI. 1902.
Der alemannische Pegasus.
Zu Seite 35. Der Segen ihrer Frömmigkeit — Da habe
ich frühe gelernt] Aus "Antrittspredigt vor einer Landgemeinde".
"Wenn ich mit meiner Mutter"] Äußerung Hebels einem
Freunde gegenüber. Lebensbeschreibung in der Ausgabe von
Hebels Werken 1843.
Zu Seite 36: "Der Weg auf die Zwetschgenbäume"] "Baumzucht",
Hausfreund 1811.
Tod der Mutter "abends 4 Uhr ohngefehr"] Kirchenbuch
Hausen.
liebrich hebel in basel-126. |
|
Ein Bote nach Basel] Laut Pflegrechnung 1777: "Dem Jacob
Greiner zu Fahrnau vor die Todesbotschaft nach Basel
zu bringen 24 Batzen".
August Gottlieb Preuschen, Pfarrer in Hausen] Stocker, Schematismus
der evang.-protest. Kirche in Baden.
Zu Seite 37: "Es ist ein sehr angenehmes, verlassenes Gärtchen"]
Brief Hebels an Gustave Fecht. Spätsommer 1792.
Zu Seite 38: "proteusische Stündlein"] Unveröffentlichter
Brief an Zenoides vom 20. August 1815. Badische Landesbibliothek,
Karlsruhe.
"So lange Sie bei uns waren""] Brief Hitzigs an Nüßlin
vom 13. August 1827.
Zu Seite 39: "Er erscheint mir als russischer General"] Hebel
an Zenoides 21. August 1806. Beckers "Festgabe" 1860.
Brief LXIV.
Reisen Hebels in der Lörracher Zeit] im Notizbuch des Vaters.
Zitiert in "Aus Johann Peter Hebels ungedruckten Papieren"
von J. G. Längin.
Zu Seite 40: "Für Ihre Kinder]Brief an die Familie Schneegans.
Ende April 1805. Daniel Schneegans in Straßburg
war eine Zeitlang Associé Christoph Gottfried Haufes, seine
Frau war Louise geb. Schwarz, eine Frankfurterin, Verwandte
von Lilly Schönemann. (Behaghel.)
Zu Seite 41: "ein Vagabundisches ins Leben zu mischen]
Brief an Familie Haufe vom 3. Juni 1824. Christoph
Friedrich Haufe, geboren in Lörrach, war in Straßburg
Goldschmied, später Baumwollfabrikant. Seine Frau, Sophie
Bögner, war eine Tochter des in Grenzach verstorbenen
Pfarrers Bögner, die einige Zeit mit ihrer Mutter in Karlsruhe
gelebt hatte. (Behaghel.)
liebrich hebel in basel-127. |
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Sie werden nicht leicht über ein Brücklein fahren] An Schneegans
7. Juni 1807.
Zwischen Zell und St. Blasien] An Haufe 19. August 1821.
"Meine heilige Zeit"] An Gustave Fecht 20. Mai 1807.
"Ich zähle wie die Kinder"] An Haufe 9. Januar 1825.
Zu Seite 42: "Manche seiner früheren Verhältnisse"]
Hitzig an Nüßlin 8. Oktober 1826.
Zu Seite 43: "gleich einem Baum oben auf einem Berge"]
Antrittspredigt vor einer Landgemeinde.
"Ich muß ins Oberland reisen"] An Haufe 24. März 1805.
Zu Seite 48: "Ja ich kann mir in meiner Armuth darin
gefallen"] An Haufe 3. August 1822.
Zu Seite 49: "Vorsehung, die immer gut leitet"] An Haufe
9. Januar 1825.
Zu Seite 51: Isaak Iselins Gustav Steiner "Der Einfluß
Iselins auf Peter Ochs". Basler Jahrbuch 1921.
Kaufherr Lucas Ritter] Freundliche Mitteilung von Prof.
Ed. Hoffmann-Krayer.
Zu Seite 52: Eiermeitli, Fraufaste] Prof. Dr. Ed. Hoffmann-Krayer.
Schweiz. Archiv für Volkskunde 14. Jahrgang
Zu Seite 52: Zur Entstehung der alemannischen Gedichte]
In Basler Privatbesitz befindet sich ein Brief, in dem Hebel
erzählt, er habe schon als Knabe Gedichte gemacht, wobei
ihm Hagedorn, Gellert und Klopstock Vorbilder gewesen
seien. Da seine Verse ihm nicht genügten, habe er sie verbrannt.
Später sei ihm bei der Lektüre der Minnesänger
der Gedanke gekommen, etwas ähnliches in seiner Mundart
zu machen.
liebrich hebel in basel-128. |
|
Zu Seite 54: "der Blinde im Basler Totentanz"] An Schneegans
23. Juli 1805.
"ein krankes Mädchen an der Tafel"] An Zenoides 1811.
Festgabe LXXXIII.
Zu Seite 55: Epistel an die Oberländer Freunde] betitelt
"Us der Bredig bhalte" in G. Längin "Aus Johann Peter
Hebels ungedruckten Papieren".
Zu Seite 63: "Der nächste Postwagen"] An Zenoides in
Becker "Festgabe" XLVII.
Zu Seite 64: Anmerkung über Decker] Briefe an Zenoides.
Badische Landesbibliothek. Die Anmerkung gehört zu Brief
XLVII in Beckers "Festgabe". Decker verkaufte 1802 sein
Geschäft an die Schweighausersche Buchdruckerei. Das mag der
Grund gewesen sein, weshalb er auf Hebels Brief nicht eingetreten
ist. (Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. G.
Steiner.)
"Flick beißt stark an"] 1805 bei Becker LI. Samuel Flick
war Mitglied des "Kämmerleins" der revolutionär gesinnten
Bürger. Deshalb wohl nennt ihn Hebel einmal "Bürger
Flick".
Zu Seite 65: "Die al. Gedichte bei Flick"] Unveröffentlichter
Brief an Zenoides. Badische Landesbibliothek Karlsruhe.
Sauerländer] Heinrich Remigius. Freundliche Mitteilung des
Herrn Sauerländer in Aarau.
Haas verkauft Hebel in Gips] Unveröffentlichter Brief an
Zenoides. Badische Landesbibliothek Karlsruhe.
"In Basel mag sich viel Angststoffgas entwickeln"] Unveröffentlichter
Brief an Zenoides. Badische Landesbibliothek
Karlsruhe.
liebrich hebel in basel-129. |
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Zu Seite 66: Jakob Christian Pack] Packst Chronik 1802
bis 1809. Universitätsbibliothek Basel.
Berndeutsche Epistel] Hebelpapiere des Großherzoglichen Fideikommisses
Karlsruhe.
"die Nachtigall in Basel"] Bei Becker in der "Festgabe"
(Brief XCI) weggelassene Stelle.
Der Hausfreund.
Zu Seite 72. Schweizerreise mit den Baronen Carl und
Ernst von Mentzingen] 22. August bis 22. September 1805.
Hebel hat darüber ein Tagebuch geführt. Der Teil davon,
der sich auf die Schweiz bezieht, wurde in der Neuen Zürcher
Zeitung 1900 veröffentlicht.
Reise auf den Rigi] Johann Peter Hebels sämtliche poetische
Werke. Herausgegeben von Ernst Keller.
Pläne zu einer Reise auf den St. Gotthard] Brief an Zenoides
1805.
Zu Seite 74: "Topographische Schweizerkarte von Oberst
Pfyffer] Franz Ludwig Pfyffer, Kartograph, Reliefzeichner
und -Bossierer, geboren 1716 in Bern. Generallieutenant in
französischen Diensten. Er unternahm als erster, die Zentralschweiz
mit geometrischer Genauigkeit zu messen und zu modellieren.
Das Relief Pfyffers war ein vielbewundertes
Kunstwerk. Es ist jetzt im Gletschergarten zu Luzern ausgestellt.
(Schweiz. Künstler-Lexikon Bd. II.)
Kriegsgreuel] Einfall der Franzosen in Nidwalden 1798.
Zu Seite 76: Schweizer Hirtenfest] Das bekannte große
Älplerfest in Unspunnen am 17. August 1805.
Maler Lafond] Simon Daniel Lafond in Bern. 1768 —1836.
Prof. Kuhn 1762 —1825 aus Berns Bernhard Friedr. Kuhn,
liebrich hebel in basel-130. |
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Professor der Rechtswissenschaft in Bern, Mitglied des Helvetischen
Großen Rates 1798, dessen Präsidium er in der
ersten Sitzung erhielt. 1801 Mitglied des Helvetischen Senates
(Schweiz. Geschlechterbuch Bd. 4, S. 309.)
Maler König] Franz Niklaus König, Maler und Kupferstecher
in Bern 1765 —1832.
Zu Seite 80: Unabgefordertes Gutachten über eine vorteilhaftere
Einrichtung des Calenders] Badisches Generallandesarchiv
Karlsruhe.
Schweizer Bote von H. Zschokke in Basel herausgegeben]
von Samuel Flick. Die erste Nummer erschien im November
1798 als "Der Aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-
bote". (F. A. Stocker "Vom Jura zum Schwarzwald"1887.)
Zu Seite 82: Zenoides als Kalenderschreiber vorgeschlagen]
Unveröffentlichter Brief an Zenoides von 1806. Badische
Landesbibliothek Karlsruhe.
"Meine weitern Gedanken über eine vorteilhaftere Einrichtung
des Kalenders"] Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe.
Zu Seite 84: "ungemein angenehm in der Gesellschaft dieser
feingebildeten Menschenklasse"] An Gustave Fecht 23. Januar
1823.
Zu Seite 91: Die Juden in Oberendingen] Geographisches
Lexikon der Schweiz. Artikel Oberendingen.
Zu Seite 97: Nationalschriftsteller] Hebel an Justinus Kerner
20. Juli 1817.
Ausklang.
Zu Seite ior "in gewissen Momenten unbändig stolz
werden"] An Zenoides "Festgabe" Brief LXXXIV.
liebrich hebel in basel-131. |
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Zu Seite 102: Gutachten des Pasur Antistes Emanuel
Merian] Brief an Zenoides 6. April 1808. Festgabe LXXV.
Vergl. A. v. Salis "Jung Stilling in Basel verboten".
Basler Jahrbuch 1894.
Zu Seite 103: "Nach keiner Richtung hin"] An Haufe
7. Februar 1824.
Zu Seite 105: "für ein frommes Patenkind"] 20. Dezember
1824.
"Sie haben die biblischen Geschichten gut ausgeteilt"] An
Gustave Fecht 27. Januar 1825.
Zu Seite 106: "voll Schmelen und Chettenblumen"] An
Zenoides 1. Juni 1812. Festgabe LXXXIX.
Jungfer Dienastin] A. Geßler, Basler Jahrbuch 1899.
"Bingen liegt wie Basel"] An Gustave Fecht im Nov. 1794.
Zu Seite 107: "Ich wähnte in Basel zu sein"] An Gustave
Fecht April 1805.
Andreas Geymüller] Protokoll IV der Schlüsselzunft. Basler
Staatsarchiv.
Ephemeriden der Menschheit] Zeitschrift, die Isaak Iselin
herausgab.
Prof. W. Lachenal] Beliebter Arzt und unermüdlicher Pflanzensammler,
Professor der Anatomie und Botanik.
Zu Seite 108: Jakob Grimm] Jakob an Wilhelm Grimm
20. Januar 1814. Briefwechsel zwischen Jakob und Wilhelm
Grimm aus der Jugendzeit. Grimm erwähnt nicht,
ob die Empfehlung durch Hebel an Ryhiner ging.
Zu Seite 109: Herr von Steiger] An Gustave Fecht Ende
August 1799.
Oberst Kolb] Karl Wieland. Ein Staatsprozeß aus den letzten
Tagen der alten Eidgenossenschaft. Basler Jahrbuch 1893.
liebrich hebel in basel-132. |
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Zu Seite 110: O Zenoides] An Hitzig 6. Februar 1815.
Festgabe XClV.
Zu Seite 112: Landvogt Fäsch] L. Freivogel. Stadt- und
Landschaft Basel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Basler Jahrbuch 1903.
Herr Gemuseus] Freundliche Mitteilung von Herrn R. Gemuseus-Passavant
in Brombach.
Der Herr Kandidat vor dem Riehemer Tor] Prof. Dr. D.
Burckhardt-Werthemanm Das Baslerische Landgut vergangener
Zeiten.
Stickelberger] 1749 —1827. Geschichte der Familie Stickelberger
von Basel. Von Emanuel Stickelberger. Als Manuskript
gedruckt Basel 1923.
Zu Seite 113: Mit mir geht es immer im alten fort]
An Gustave Fecht 20. Dezember 1823.
Manchmal hätte man es doch gern ein wenig anderst] An
Gustave Fecht 15. Juli 1825.
Zu Seite 114: Garteninspektor Zeyher] Laut gütiger Mitteilung
des Herrn Geheimrat Dr. K. Obser, Karlsruhe, in der
Karlsruher Zeitung 1843, Nr. 151/153.
Zu Seite 116: Jakob Burckhardt] Otto von Greyerz. Die
Mundartdichtung der deutschen Schweiz.
Zu Seite 117: Ein bedeutender Dichter müßte im Stande
sein] Ernst Jenny, Theodor Meyer-Merian. 98. Neujahrsblatt
1920.